Bensberger Runde 2025: Ausbildung attraktiv gestalten

Zur 11. Bensberger Runde der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderung fanden sich im Ballsaal des Grandhotel Schloss Bensberg Vertreter rheinisch-bergischer Unternehmen und Institutionen zusammen. Thema des Abends: Die Ausbildung. Zwischen berufsständischer Ehre und Fachkräftemangel, zwischen Notwendigkeit und Kosten, zwischen Best Practice und offenen Fragen: In zwei Gesprächsrunden näherte sich der Abend zielstrebig der Erkenntnis: Ausbildung muss neu gedacht werden – und sie lohnt sich!

Zum exklusiven Strategiegespräch über die Zukunftsthemen des Wirtschaftsstandortes Rheinisch-Bergischer Kreis begrüßte Volker Suermann, Geschäftsführer der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW), rund 70 Gäste. Ein Thema der Zukunft ist die Ausbildung, die eng verbunden ist mit der Fachkräftesicherung.

Jüngst hat die RBW die Unternehmen wieder zur ihrer aktuellen Lage und ihren Herausforderungen befragt. Und es bleibt ein Dauerbrenner: Mit 55 Prozent lag die Fachkräftesicherung in der aktuellen Unternehmensbefragung der RBW auf Platz zwei der zentralen Herausforderungen für 2025. „Das Thema wird ein Bottleneck der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland bleiben“, sagte Geschäftsführer Volker Suermann bei der Begrüßung der Gäste. „Wir sind davon überzeugt, dass eines der entscheidenden Instrumente der Fachkräftesicherung die Ausbildung der eigenen Fachkräfte ist.“

Ein herzliches Dankeschön von Volker Suermann ging an das Grandhotel Schloss Bensberg und an die Genossenschaftsbanken, welche die Veranstaltung wie immer unterstützten: Die VR Bank Bergisch Gladbach-Leverkusen, die Bensberger Bank und die Volksbank Berg. Alle drei sind auch Gesellschafter der RBW.

Die Bensberger Runde ist das exklusive Strategiegespräch über die Zukunftsthemen des Wirtschaftsstandortes Rheinisch-Bergischer Kreis. Im Althoff Grandhotel Schloss Bensberg fand die Runde nun zum 11. Mal statt. Zuvor gab es bereits drei Veranstaltungen unter dem Namen Lerbacher Runde im Schloss Lerbach, das aber geschlossen wurde.

Die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW) lädt jährlich ausgewählte Gäste aus den Unternehmen und Institutionen zu diesem Gespräch ein.
Partner der Bensberger Runde sind die VR Bank Bergisch Gladbach-Leverkusen eG, die Volksbank Berg eG und die Bensberger Bank eG.

Die Akteure und Partner der Bensberger Runde 2025 (v.l.n.r.): Markus Theß (Sieg + Partner), Boris Korlatzki (BARLOG Plastics), Christoph Gubert (Volksbank Berg), Silke Ratte (RBW), Sophia Tiemann (Rheinisch-Bergischer Kreis), Helmut Vilmar (Volksbank Berg), Volker Suermann (RBW), Sabine Kipke (P.J. Schulz), Landrat Stephan Santelmann, Holger Schwarz (Bensberger Bank), Marus Otto (Kreishandwerkerschaft), Volker Wabnitz und Thomas Büscher (VR Bank Bergisch Gladbach-Leverkusen)

Die Institutionen: Orientierung geben und Angebote schaffen

Zum Thema, wie der Bildungsstandort Rheinisch-Bergischer Kreis hierzu aufgestellt ist, kamen in der ersten Gesprächsrunde Sophia Tiemann, Leiterin Amt für Bildung und Integration des Rheinisch-Bergischen Kreises, und Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land zu Volker Suermann auf die Bühne.

„Wir stehen hier in dieser Konstellation, weil alle drei Institutionen Teil der Steuerungsgruppe ‚Schule und Beruf – Zukunft Rhein-Berg‘ sind“, erläutert Suermann. Dazu gehören weiterhin die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Rhein-Berg, die IHK und die Schulaufsicht.
„Das ist ein großes Pfund, dass wir partnerschaftlich mit allen Organisationen zusammenarbeiten. Wir sind ein besonderer, manche sagen sogar der führende Kreis für duale Ausbildung in ganz NRW“, sendet Marcus Otto den Teilnehmern gleich mal das Gefühl, sich im Rheinisch-Bergischen gut aufgehoben fühlen zu können. Noch viel bessere Bedingungen verspricht der geplante neue Campus für berufliche Bildung auf dem Zanders-Gelände, auf dem die beiden Berufsschulen und das Ausbildungszentrum der Kreishandwerkerschaft einen neuen Standort erhalten und weitere Einrichtungen sowie Wohnheime für Auszubildende und Studierende entstehen sollen. Mit diesem Leuchtturmprojekt setzt man im Rheinisch-Bergischen Kreis einen neuen Standard für die berufliche Ausbildung.

Zahlreiche Programme und Formate zur Berufsorientierung werden seit 15 Jahren im Kreis betrieben – und haben nichts an Relevanz verloren „Wir brauchen sie umso mehr, damit die Schüler begründete Entscheidungen für ihre spätere Berufswahl treffen können“, sagt Sophia Tiemann. „Bei 328 anerkannten Ausbildungsberufen und rund 23.000 Studiengängen in Deutschland, versuchen wir, Transparenz zu schaffen und Strategien für Überblick und Durchblick zu geben.“

"Ich glaube, bei Eltern geht es bei der Ausbildung nicht darum, ihnen ein Produkt zu verkaufen, sondern um die Beantwortung der Frage: Welche Möglichkeiten hat das eigene Kind damit?"

Sophia Tiemann,
Leiterin Amt für Bildung und Integration des Rheinisch-Bergischen Kreises

„Das Soziale Jahr kennt jeder. Wir hätten gern ein ähnlich gestaltetes Freiwilliges Handwerksjahr – zum Orientierung holen und Kennenlernen des Berufs.“

Marcus Otto,
Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land

Die duale Berufsausbildung ist anspruchsvoll geworden. Sie erfordert ein hohes Maß an fachlichem Wissen und den Umgang mit immer mehr Technologie. Unter den Absolventen seien derzeit 30 Prozent Abiturienten, sagt Otto, bei den Tischlern sogar die Hälfte. Die Quote steigt, aber dennoch bliebe es eine Herausforderung, Abiturienten (und ihren Eltern und Lehrern an Gymnasien) eine Ausbildung als gute Alternative zum Studium zu vermitteln. Argumente sind für Marcus Otto: Eine sichere und gute Ausbildung, Jobsicherheit, Entwicklungsmöglichkeiten, kurze Veränderungszeiten, Technologieeinsatz. Wichtig auch: „Der Betrieb muss zum Auszubildenden passen.“

Freiwilliges Handwerksjahr

Die Kreishandwerkerschaft Bergisches Land spricht sich für die Einführung eines Freiwilligen Handwerksjahres aus. Diese noch neue Idee läuft nach ähnlichem Konzept wie das Freiwillige Soziale Jahr. „Hier kann man sich Orientierung holen und einen Beruf gut kennenlernen“, sagt Hauptgeschäftsführer Marcus Otto. Noch besteht bei einigen Punkten wie Vergütung, Ausbildung in unterschiedlichen Unternehmen und Klärung der Schul- oder Berufsschulpflicht Rechtsunsicherheit. „Am besten wäre es, wenn das Jahr auch schon auf die Ausbildung angerechnet werden könnte“, sagt Otto.

Höchste Abiturquote in NRW

„Wir haben im Kreis eine der höchsten Abiturquoten in NRW, aber es gibt in den vergangenen Jahren einen deutlichen Rückgang an Anmeldungen in akademischen Studiengängen – bei gleichzeitigem Rückgang an besetzten Ausbildungsstellen im Kreisgebiet“, berichtet Sophia Tiemann über eine Entwicklung, die die Frage aufwirft: „Wohin gehen diese Schulabgänger denn?“ Tiemann erläutert, wie Studien es begründen: „Anscheinend können oder wollen sich viele der leistungsstarken Jugendlichen nicht sofort entscheiden. Sie machen zum Teil erstmal eine Auszeit, gehen ins Ausland. Vielen fehlt trotz – oder gerade wegen – der Informationsfülle die Orientierung.“

Wie ein roter Faden zieht sich durch die Veranstaltung, dass alles in Bewegung ist. Die Rahmenbedingungen verändern sich, die Berufe verändern sich, die jüngeren Generationen ticken anders als die älteren. Um die Veränderungen positiv nutzen zu können, ist auch die Ausbildung gefordert, sich zu verändern.

Über die Veränderung bei jüngeren Generationen werden später die Unternehmensvertreter reden. Wichtig für die Institutionen sind die veränderten Bedarfe in den Betrieben, in denen zunehmend mit mehr Technologie und digital gearbeitet wird. „Problemlösungsfähigkeit und Innovationsfähigkeit sind Kernkompetenzen – egal in welchem Berufsfeld, das wird immer wichtiger“, sagt Sophia Tiemann. Schon von der Kita an werden diese Fähigkeiten mit Projekten wie MINT gefördert. „Immer wichtiger werden auch Coding und Robotik“, sagt sie. Mit dem Mathematikzentrum „MathZe“ in Rösrath wurde zudem ein kreisweiter Lernort für Schüler und Lehrer geschaffen. Hier wird spielerisch zum Beispiel Wahrscheinlichkeitsrechnung und räumliches Denken gefördert.

„Toller Abend, wichtiges Thema und interessante Beiträge, Rheinisch-Bergische Wirtschaft at its best!“

Fred Arnulf Busen, POLYTRON Kunststofftechnik GmbH & Co. KG

Die Unternehmervertreter: Ausbildung als Wirtschaftsfaktor für die Zukunft

Mit den Worten „Jetzt werden wir praktisch“ startet RBW-Prokuristin Silke Ratte in den zweiten Teil des Abends. Ihre Gäste sind Sabine Kipke, Betriebsleiterin der P.J. Schulz GmbH in Bergisch Gladbach, Boris Korlatzki, kaufmännischer Geschäftsführer der BARLOG Plastics GmbH in Overath und Markus Theß, Geschäftsführer Sieg + Partner GmbH & Co. KG, Wermelskirchen.

„Viele Kontakte und ein gutes Netzwerk sind sehr hilfreich. Ausbildungsmessen, Speed Datings…das gehört alles dazu. Man muss das aber auch gerne machen!“

Sabine Kipke,
Betriebsleiterin

Die P.J. Schulz GmbH ist Experte für technische Lösungen mit den Kernkompetenzen Dichtungstechnik, Fluidtechnik, Schlauchtechnik und Armaturentechnik. Mit über 80 Jahren Erfahrung mit Kunden der unterschiedlichsten Branchen und ihren speziellen Anforderungen wird für jede Anwendung die perfekte Lösung gefunden.
Das Unternehmen wurde 1938 gegründet und wird in 3. Generation als Familienunternehmen geführt. Im Jahre 2019 zog der Betrieb von Köln nach Bergisch Gladbach um. Es beschäftigt 48 Mitarbeitende und aktuell 12 Auszubildende in den Ausbildungsberufen Lagerlogistiker, Maschinen- und Anlagenführer, Industriekaufleute. Außerdem sind duale Studenten in den Studiengängen Wirtschaftsinformatik und Vertriebsmanagement an der Bergisch Gladbacher Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) beschäftigt.

Das Unternehmen ist Mitmacher der Kampagne „Kluge Köpfe arbeiten hier“

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„Jemanden nur für die Ausbildung abzustellen, mag wie ein unproduktiver Job wirken. Für uns aber war es auch eine wirtschaftliche Entscheidung.“

Markus Theß,
Geschäftsführer

Mit einem qualifizierten Team aus über 60 Mitarbeitenden, langjähriger Projekterfahrung, moderner Maschinenausstattung und einem breiten Leistungsspektrum realisiert Sieg + Partner aus Wermelskirchen anspruchsvolle Aufgaben im Landschaftsbau aus einer Hand. Das Unternehmen hat u.a. auf den Großbaustellen Kö-Bogen in Düsseldorf, Bayer Hauptverwaltung in Leverkusen, Mediapark oder DuMont Stammsitz in Köln mitgearbeitet.

Sieg + Partner wurde vor mehr als 60 Jahren gegründet. Markus Theß hat die Geschäftsführung im Jahr 2007 als ehemaliger Mitarbeiter übernommen. Im Schnitt beschäftigt der Betrieb drei Auszubildende pro Lehrjahr im Ausbildungsberuf Landschaftsgärtner.

Das Unternehmen ist Mitmacher der Kampagne „Kluge Köpfe arbeiten hier“

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„Sich jetzt aus der Ausbildung herauszuziehen, ist bei der aktuellen wirtschaftlichen Lage verständlich, aber zu kurzfristig betrachtet.“

Boris Korlatzki,
kaufmännischer Geschäftsführer

Die BARLOG Plastics GmbH aus Overath ist Full-Service-Anbieter rund um die Kunststofftechnik. Ob bei innovativen Kunststoff-Rohstoffen, einer ganzheitlichen Beratung, oder Serviceleistungen mit umfassenden Ressourcen in der Konzept- und Konstruktionsphase, bei Materialauswahl und analysen oder auch bei der Prototypen- bzw. Kleinserienfertigung und den damit verbundenen Messdienstleistungen sowie der Schulung von Mitarbeitern. Gegründet wurde das Unternehmen 1996. Als Familienunternehmen wird es nun in 2. Generation geführt. Beschäftigt sind rund 110 Mitarbeitende und aktuell neun Auszubildende in den Ausbildungsberufen Werkstoffprüfer, Kunststoff und Kautschuktechnologe, Werkzeugmechaniker und Industriekaufmann.

Das Unternehmen ist Mitmacher der Kampagne „Kluge Köpfe arbeiten hier“

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Werte haben sich verändert

„Warum bilden Sie überhaupt aus?“, fragt Silke Ratte zu Beginn. „Die Frage habe ich mir noch nie gestellt“, sagte Markus Theß. „Es gehört einfach zu einem gesunden Unternehmen dazu, und es ist auch berufsständische Ehre.“ Die Auszubildenden seien im Übrigen die Fachkräfte von morgen. „Wir haben viele langjährige Mitarbeiter – von denen geht jedes Jahr einer in Rente – das ist ein unglaublicher Wissensverlust“, ergänzt er. Dass Ausbildung mit Fachkräftemangel eng verzahnt ist, sieht auch Boris Korlatzki so. „Wir sind ein so hochspezialisiertes Unternehmen, dass wir dafür Ausgebildete gar nicht auf dem freien Markt finden“, sagt er.

So wie die Berufsbilder anspruchsvoller geworden sind, so ist auch für viele Unternehmen der Umgang mit den jüngeren Generationen herausfordernder geworden. Die drei Vortragenden sammeln: Werte haben sich verändert, manche soziale Grenzen werden überschritten. Orientierung und Vorwissen fehlen. Bei der Sozialkompetenz müssen viele lernen. Die Ausbilder helfen mittlerweile bei Alltagsproblemen: Kaputtes Auto, Streit mit der Freundin, Umgangsformen, Basics, wie Türaufhalten und dass man beim Kunden nicht nach dem WLAN-Passwort fragt.

Auf der anderen Seite stehen auch positive Effekte. P.J. Schulz hat beispielsweise die IT-Kompetenz der jungen Menschen genutzt für das Wissensmanagement. Entstanden ist eine gut sortierte Datenbank mit Informationen für die tägliche Arbeit. „Für Auszubildende ist das genial“, sagt Sabine Kipke – ich spare mindestens sechs Monate Einarbeitungszeit. Um all diesen veränderten Bedingungen gerecht zu werden, haben die drei Unternehmen nicht nur die Inhalte und Mittel ihrer Ausbildung neu konzipiert, sondern auch ihre Haltung geändert.

Auszubildenden-Akademie

„Mein Traum ist es, hier eine Auszubildenden-Akademie zu gründen und Wissen unternehmensübergreifend weiterzugeben“ sagt Sabine Kipke. Die Idee: Für Schulungen von Knigge bis zu fachlichem Know-how kommen Auszubildende aus dem Kreis an einem Ort zusammen. Es geht um Vernetzung, die Nutzung von Synergien, um Austausch und Zusammenarbeit. Schulen und weitere Partner sollen integriert werden. Im Rahmen der kreisweiten Fachkräftekampagne „Kluge Köpfe arbeiten hier“, die die RBW betreut, wurde die Idee bereits weitergedacht. Am Ende der Veranstaltung bat Silke Ratte im Ballsaal um ein Stimmungsbild per Handzeichen, wer sich vorstellen könnte, dabei mitzuwirken – mit sehr positiver Resonanz.  

Azubi-Tausch

In einer Kooperation mit Betrieben in Wiehl und Wipperfürth hat die BARLOG Plastics GmbH den „Azubi-Tausch“ eingeführt. Jedes Unternehmen hat jedes Jahr die Möglichkeit, zweimal einen Azubi zu entsenden und zu empfangen, um in eine andere Arbeitswelt hineinzuschnuppern. „Die Auszubildenden kommen mit anderen Blickwinkeln zurück“, sagt Boris Korlatzki. „Das fördert die Selbstständigkeit, sie sind nicht zu Hause, übernachten vielleicht sogar im Hotel.“ Der Austausch wird bei den Auszubildenden als Anerkennung und Wertschätzung verstanden. Das Tausch-Modell ist offen und lässt sich vergrößern. Bereits am Ende der Veranstaltung zeigten weitere Unternehmen Interesse.

Der Mensch rückt mehr in den Mittelpunkt

„Wir nehmen unsere Auszubildenden von Anfang an mit an die Hand. Ihnen steht ein Ausbildungsleiter zur Seite, der sie bis zum Ende der Ausbildung in allen Bereichen unterstützt und begleitet“, sagt Boris Korlatzki. „Und es ist wichtig, dass von allen Mitarbeitern eine Wertschätzung für Ausbildung gezeigt wird.“ Bei Sieg + Partner sieht es ähnlich aus. Durchliefen die Auszubildenen früher ständig wechselnde Teams, so bleiben sie heute sechs Monate im gleichen. „Sie haben sich nirgendwo so richtig aufgehoben gefühlt“, resümiert Markus Theß. „Das neue Konzept hat für beide Seiten einen Mehrwert – ganz wesentlich auch hinsichtlich der Wertschätzung. Insgesamt haben wir unsere Unternehmenskultur bezüglich der Ausbildung umgekrempelt.“

Der Mensch rückt mehr in den Mittelpunkt, wodurch sich auch die Auswahlkriterien ändern. „Wir legen weniger Wert auf Schulabschlüsse und Noten, wir schauen uns die Menschen an“, sagt Theß. „Haben die Lust? Wollen die was lernen? Passen die von der Persönlichkeit her?“ Wenn das passt, spielen die Noten eine untergeordnete Rolle. „Im Zweifel ist es wichtiger, wenn jemand den Nagel in die Wand hauen kann als Integralrechnung zu können. Den Rest bringen wir bei!“, sagt er. Zum Beibringen gehören bei allen drei Unternehmen eine Reihe weiterer Mittel wie der sanfte Einstieg, Teambuilding, Feedback, gezielte Prüfungsvorbereitung und vieles mehr. Zwei besondere Ideen sind die Auszubildenden-Akademie und der Azubi-Tausch.

Jessica Wetzel hat ihre Ausbildung zur Landschaftsgärtnerin bei Sieg + Partner absolviert und im Anschluss als Bauleiterin gearbeitet. Sie hat ein Studium der Landschaftsarchitektur angeschlossen und den Kontakt zum Betrieb gehalten. Im Jahr 2018 schrieb sie ihre Bachelor-Arbeit zum Thema Ausbildung. Ihr Chef schlug das Thema vor, da damals schon erkennbar war, dass auf absehbare Zeit Fachkräfte fehlen werden. Heute werden alle Maßnahmen konsequent umgesetzt und Jessica Wetzel kümmert sich vorrangig um die Ausbildung. Mehr dazu lesen Sie im RBW-Blog über Sieg + Partner

Beruf und Ausbildung des Mechatronikers haben sich extrem gewandelt. Immer häufiger arbeiten unsere Monteure mit Laptops an den Fahrzeugen. Häufig haben junge Menschen wahrscheinlich noch eine andere Vorstellung von dem Beruf, daher sind Praktika und Berufsfelderkundungstage extrem wichtig, um ihnen zu zeigen, wie die Ausbildung aktuell aussieht. Auch die Ansprüche an die Auszubildenden haben sich geändert. Da wir und viele unserer Mitarbeiter selber Eltern sind, haben wir eine gutes Verständnis für die junge Generation und deren Denke. Dem passen auch wir unseren Umgang mit unseren Azubis an.

Monika Gieraths-Heller, Geschäftsführerin Gebr. Gieraths GmbH

Ich habe bereits ein paar Mal festgestellt, dass manche Betriebe gar nicht mehr ausbilden wollen; dass ein Bewerber für eine Ausbildung 16 mal ein nein bekommen. Das ist sehr schade, denn wir brauchen Ausbildungsplätze. Manchmal ist das halt auch anstrengend. Wir haben in Hotel- und Gastrobetrieb zum Beispiel auch die Herausforderung Jugendschutz. Wir schaffen das trotzdem – andere können oder wollen das nicht. Das Resultat ist: Potenzielle Auszubildende drehen eine Warteschleife im Berufskolleg.

Markus Wißkirchen, Geschäftsführer Hotel Wißkirchen

„Im Dialog mit Lehrern stellen wir fest, dass manche sehr engagiert sind. Aber dann wechseln sie und die Kommunikation klappt nicht mehr. Es ist wichtig, das Thema duale Ausbildung den Kollegien näher zu bringen – ganz klar auch mit Fokus auf die Gymnasien. Lehrer sollten nicht immer nur akademisch denken.“

Fred Arnulf Busen, Geschäftsführer POLYTRON Kunststofftechnik GmbH & Co. KG

Ausbildung lohnt sich für Unternehmen, Wirtschaft und die Gesellschaft

Wenn sich Ausbildung lohnen soll, muss sie neu gedacht werden – und sie kostet Geld. Für eine Reihe Unternehmen ist das ein Grund, nicht mehr auszubilden. „Azubis sind keine billigen Arbeitskräfte. Aber das ist nicht das, was die Zukunft der Ausbildung interessant macht“, sagt Boris Korlatzki dazu. „Ich kann es verstehen, wenn man Kosten und Kapazitäten zentrieren muss. Auf der anderen Seite ist es das Abgraben der eigenen Zukunftsperspektive.“ Die drei Unternehmensvertreter auf der Bühne waren sich einig: Ausbildung lohnt sich für das Unternehmen, für die Wirtschaft und für die Gesellschaft.

Getragen wird die Ausbildung von der Unternehmensführung und allen Mitarbeitern, insbesondere aber von den Ausbildern. Sie brauchen Zeit, sie brauchen Kompetenzen, und sie brauchen etwas, das Sabine Kipke an jenem Abend so beschreibt: „Sucht euch tolle Ausbilder, die mit dem Herzen dabei sind! Mut tut uns allen gut!“

Text: Karin Grunewald
Fotos: Klaus Lawrenz

Im Anschluss an das Programm standen und saßen die Teilnehmer – kulinarisch versorgt aus der Schloss-Küche – noch lange beim Austausch zusammen. Sehr positives Feedback kam noch am Abend oder auch am nächsten Tag per Social Media. „Eine engagierte Runde von Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich auch in herausfordernden Zeiten mit Herz & Mut für unsere Zukunft / unsere Auszubildenden einsetzen. Das macht zuversichtlich!“ Annette Faust, Geschäftsführende Gesellschafterin bei Mobau Selbach GmbH

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