Deals für mehr Nachhaltigkeit: Tauschen statt kaufen mit der Plattform Helpindeal

Das Geld rinnt einem gerade schneller durch die Finger als man das Portemonnaie zücken kann – ein Urlaub rückt da für viele aufgrund der steigenden Kosten in weite Ferne. Was aber, wenn die Währung, um einen Urlaub zu bezahlen, nicht Geld ist, sondern die eigenen Fähigkeiten in alltäglichen Dingen? Genau das ist die Idee von Helpindeal, gegründet von Cinja Christnacht aus Bergisch Gladbach. Man kann kostenlos in einer Unterkunft seinen Urlaub verbringen und zahlt mit tatkräftiger Unterstützung im Haushalt oder kleinen Hilfsarbeiten.

Geben und Nehmen – das ist die Philosophie der sozialen Tauschplattform Helpindeal. „Ich kenne die Situation, wenn man kaum Geld zur Verfügung hat. Und ich möchte es einfach allen Menschen möglich machen, Dinge zu erleben und zu erreichen, auch wenn gerade kein Geld da ist“, so die Idee von Cinja Christnacht. Und das funktioniert so simpel, wie genial: Auf der Onlineplattform Helpindeal lassen sich Ressourcen einfach tauschen. Man kann gegen Hilfe kostenlos in Unterkünften weltweit Urlaub machen. Neben Ferienwohnungen lassen sich auch Häuser und Wohnungen, Sachgegenstände oder Fähigkeiten gegen Hilfe tauschen, sagt Christnacht. Gesuche und Gebote lassen sich entsprechend auf Helpindeal inserieren: „Wir haben Angebote einer Heilpraktikerin auf der Plattform, die Hilfe anbietet und dafür ein Regal aufgebaut haben will. Oder jemand fotografiert sehr gerne und könnte mit dieser Fähigkeit irgendwo eine Unterkunft bekommen, weil sie dort neue Fotos für ihre Webseite brauchen. Es ist eigentlich sehr simpel.“

Deals in der Imkerei, auf dem Reiterhof oder dem Familienhof

Die Idee für Helpindeal hatte Cinja Christnacht durch eigene Erlebnisse: Als alleinerziehende Mutter fehlte das Geld für Urlaube und besondere Freizeitaktivitäten. Durch einen Zufall schloss Cinja Christnacht dann unbewusst ihren ersten Deal ab. „Ich bin mit meiner Tochter öfters auf’s Land gefahren und dort war ein schöner Bauernhof und die Bäuerin brauchte Hilfe auf ihrem Hof. Ich habe der Bäuerin aus freien Stücken geholfen und dann haben wir einen Deal gemacht: Als Gegenleistung konnte ich den Kindergeburtstag meiner Tochter auf dem Hof feiern mit vielen Tieren, was total schön war“, erinnert sich Christnacht. Der erste Deal war abgeschlossen – und eine Idee geboren.

Das entscheidende Erlebnis für Cinja Christnacht war dann ein Urlaub auf Sardinien: 14 Tage Urlaub in einer Ferienwohnung – umsonst für kleine Hilfsarbeiten. Das Angebot hat Christnacht im Netz gefunden: „Ich habe da mal gekocht, mal durchgewischt, ein bisschen Haushalt gemacht oder mal ein Brett gestrichen für einen Schrank und danach sitzt man am Strand, das war völlig entspannt“, sagt Christnacht. Neben dem Urlaub war das Eintauchen in das echte Leben in Italien für Cinja Christnacht und ihre Tochter eine ganz besondere Erfahrung: „Man ist im Alltagsgeschehen drin und nicht nur Tourist im Land, geht mal in den Baumarkt oder den Supermarkt. Man kommt auf diese Art viel schneller an in einem Land – ganz anders als bei einem Hotelurlaub.“ Für Cinja Christnacht war klar, diese Möglichkeit sollten alle haben: „Es musste eine strukturierte Plattform her, wo man den genauen Austausch hat und entsprechende Deals abschließen kann.“

Unterstützung seitens der RBW

Kaum zuhause waren schon Businesskonzept und Finanzplan geschrieben. „Ich war wirklich Feuer und Flamme, diese Idee auf die Beine zu stellen“, sagt Christnacht. Und an diesem Punkt kam dann auch die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft ins Spiel, die Cinja Christnacht seit der Gründung ihres Unternehmens in 2020 begleitet. „Ich habe meine Idee bei der RBW vorgestellt und dann auch die Tragfähigkeitsbestätigung bekommen und damit auch das Startgeld vom Jobcenter.“

Auf ihrem Weg greift die Gründerin auch immer wieder auf die Expertise der RBW zurück: „Die RBW war und ist mir eine sehr große Hilfe. Wir stehen in engem Austausch, gerade wenn ich auch Fragen zum Marketing oder zu Förderprogrammen habe. Außerdem ist die Möglichkeit der Vernetzung super.“
Zurzeit bewirbt sich Cinja Christnacht bei verschiedensten Förderprogrammen, um zusätzliche finanzielle Unterstützung zu bekommen. Außerdem sucht Christnacht Investoren, die das Projekt unterstützen. Inzwischen ist auch ihr Vater als Projektmanager im Boot bei Helpindeal.

Anderthalb Jahre hat es gedauert, bis Heldpindeal online gehen konnte – Cinja Christnacht hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie die Plattform aussehen und funktionieren sollte: „Ich kann mich sehr gut in die Rollen hineinversetzen und den Nutzerfluss vorgeben. Man bereitet also eine Spezifikation vor und dann muss man einen Programmierer oder eine Agentur finden, der oder die die Idee umsetzt.“ Christnacht wollte nichts dem Zufall überlassen: Sie hat die grafischen Designs selber erstellt, die Icons selber gemacht, die Bilder ausgesucht, die Oberfläche selbst designt. Die Umsetzung hat dann eine Agentur in Berlin übernommen. „Es hat gedauert, bis alle Fehler behoben waren. Im Juli 2021 sind wir dann live gegangen“, sagt die Gründerin.

Den Launch ihrer Seite hat Cinja Christnacht mit entsprechendem Marketing auf Social Media begleitet. Zu Beginn gab es pro Woche 4 bis 5 neue Mitglieder auf Helpindeal. Inzwischen ist die Registrierung vereinfacht: Man muss nur noch drei Angaben machen, um Mitglied zu werden. Seitdem steigen die Mitgliedszahlen stetig. Mittlerweile sind es 15 Mitglieder im Schnitt neu pro Woche, sagt Cinja Christnacht. Aktuell ist die Mitgliedschaft noch kostenlos: „Wir haben ungefähr 950 Mitglieder. Es sollen erst einmal Deals entstehen, mehr Tauschinserate online gehen. Wir wollen erst einmal den Traffic erhöhen auf der Seite. Wenn mehr Deals online sind, wird es eine Mitgliedschaftsgebühr geben“, sagt Christnacht.

Urlaub gegen Hilfe im Tausch

Was unterscheidet Helpindeal von anderen Plattformen? Bei Helpindeal sieht man sofort, worum es geht: um das Tauschen. Cinja Christnacht sagt: „Es ist gut, dass es schon andere Plattformen gibt. Wenn es das nicht gäbe, hätte es ja auch seine Gründe. Man kann eine neue Plattform aber nochmal vereinfachen, schöner gestalten und einen besseren Nutzerfluss generieren. Und die Art und Weise, wie die Plattform auftritt, das unterscheidet sich dann“, sagt die Gründerin.

Einmalige Erlebnisse mit Helpindeal

Der Huskie-Deal in Nordschweden war schnell weg

Die Plattform funktioniert wie ein Anzeigenmarkt, ist aber auch etwas für Menschen, die gerne mal etwas Neues kennenlernen möchten. Cinja Christnacht erinnert sich an einen Messeauftritt mit Helpindeal. Sie hat an ihrem Stand Oliven aus Sizilien angeboten, um die Leute anzulocken: „Die Leute fragten dann, was haben Oliven mit Helpindeal zu tun? Und ich habe dann gesagt: Wenn ihr mal selber Oliven in Sizilien pflücken wollt und sehen wollt, wie Olivenöl vor Ort hergestellt wird, könnt ihr dort auch noch umsonst Urlaub machen. Man kann also auch Erlebnisreisen machen. Das ist auch schön für Kinder. Oder wie melke ich eine Kuh? Auf einem Ostseebauernhof auf der Plattform wird auch so etwas angeboten und gezeigt. Es ist also auch ein bisschen Lernen von anderen Kulturen. Es gibt so viele Möglichkeiten auf Helpindeal.“

Bei der Vermittlung von Deals ist Cinja Christnacht auch selber gerne behilflich, „weil ich einfach auch sehe, dass die Leute glücklich und zufrieden sind und auch eine nette Bewertung hinterlassen.“ Ihr persönliches Highlight bisher? „Als in Nordschweden ein Huskie-Deal zustande gekommen ist. Da konnte man mit Huskies durch den Schnee auf dem Schlitten fahren. Das war ein tolles Angebot mit ganz tollen Bildern. Der Deal war auch schnell weg“, lacht Christnacht.

Wie in einem Anzeigenmarkt können Nutzerinnen und Nutzer Inserate (Deals) erstellen, in denen sie etwas anbieten oder etwas suchen. Es gibt eine kostenlose Verifizierung auf Helpindeal und ein gegenseitiges Bewertungssystem, um Sicherheit zu gewährleisten. In den Deals kann man auch die Stundenzahl an Hilfe angeben, die man als Gegenleistung für eine Urlaubsunterkunft erbringen möchte – das vermeidet Missverständnisse vor Ort.
Die Nutzerinnen und Nutzer können zwischen vier verschiedenen Tauschrubriken wählen. Neben Urlaub gegen Hilfe gibt es auch die Rubrik Wohnen gegen Hilfe: „Man kann zum Beispiel älteren Menschen, die Hilfe im Alltag brauchen, Unterstützung anbieten und dafür dort mitwohnen. Das finde ich eine schöne Sache, weil die Pflegeheime so überfüllt sind“, sagt Cinja Christnacht. Sie hofft, dass die Idee auch in den Pflegeheimen bekannter wird: „So dass man zum Beispiel Wohnraum für Studenten anbietet bei älteren Menschen im Haus. Die älteren Menschen haben Platz, die Studenten brauchen ihr Geld für das Studium und Wohnraum wird immer teurer.“
In der Rubrik Hilfe und Tausch kann man Fähigkeiten austauschen: „Der eine hilft im Garten mit, dafür kann der andere vielleicht etwas bauen. Ich habe zum Beispiel mein Auto verliehen und habe es dann vollgetankt zurückbekommen“, sagt Christnacht. In einer vierten Rubrik bietet die Plattform auch den direkten Tausch von Häusern oder Wohnungen an.
Man kann ein individuelles Profil anlegen. Alles ist sehr übersichtlich gestaltet, sagt Cinja Christnacht. Zusätzlich gibt es verschiedene Filterfunktionen und auch ein Vereinbarungsdokument, wo die Erwartungen eines Deals noch einmal festgelegt werden.

Cinja Christnacht
Kicke 7
51427 Bergisch Gladbach
 Tel. +49 2204 4091152
info@helpindeal.com
www.helpindeal.com

Helpindeal entspricht dem Zeitgeist

Der Nachhaltigkeitsgedanke steht für Cinja Christnacht bei allem im Vordergrund. Helpindeal richtet sich gegen den Massentourismus in Hotels und auch gegen den Massenkonsum: Spielzeug, Weihnachtsdeko oder auch Kleidung – warum immer neu kaufen und nicht tauschen? Cinja Christnacht sagt: „Gerade jetzt, wo die Inflation in Deutschland steigt, Wohnraum knapper wird, Pflegeheime überfüllt und Lebensunterhaltskosten kaum mehr bezahlbar sind, ist es an der Zeit, dass wir unsere eigenen Ressourcen nutzen und uns gegenseitig austauschen.“

Für diese Idee ist sie auch bereits ausgezeichnet worden: Helpindeal hat im Dezember den Nachhaltigkeitspreis der RheinEnergie gewonnen. Für Cinja Christnacht Motivation und Ansporn, denn es gibt noch viel zu tun: „Es ist wirklich alles teurer geworden und ein Top-Thema gerade. Aber man kann noch so eine gute Idee haben, wenn es keiner weiß!“ Ihre Plattform bekannter zu machen – das ist zurzeit das Hauptziel von Cinja Christnacht. Mit Investoren könnte sie noch mehr Zeit ins Marketing stecken, denn Christnacht ist sich sicher: „Ich versuche, so viel wie möglich an die Öffentlichkeit zu gehen. Auf lange Sicht wird Helpindeal Umsätze machen – aber es ist noch ein langer Weg. Es muss halt erst einmal eine Community werden, damit es funktioniert.“

Autorin: Nicole Schmitz
Fotos und Screenshots: Cinja Christnacht – Helpindeal

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