S.P.O.R.T. Institut: Eine Long COVID-Therapieform aus Overath

Die Krankenkassen erteilten 2021 zwar einen Behandlungsauftrag für Long COVID-Patienten – aber es gab keinen Therapie-Plan. Da machte sich der promovierte Sportwissenschaftler und Gründer vom S.P.O.R.T. Institut aus Overath, Dr. Björn Haiduk, ans Werk. Er entwickelte ein Konzept, das sich gerade in einer Studie befindet. Jetzt ist es noch unbekannt, aber schon erfolgsversprechend. Und am Ende hat es wahrscheinlich eine Relevanz für alle Betroffenen.

„Wenn es keine Vorgabe gibt, schaffe ich sie selbst!“

Björn Haiduk ist recht umtriebig. Das kann man schon seiner Vita entnehmen, die recht abwechslungsreich ist. Der promovierte Sportwissenschaftlicher mit der Fachrichtung Sportmedizin und Bewegungs-/Trainingswissenschaft hat auch Pädagogik und Philosophie in Oldenburg studiert. Zunächst war er für längere Zeit bei der Bundeswehr stationiert und ist heute noch Reserveoffizier, bevor der gelernte Kaufmann im Einzelhandel tätig war. Während seines Studiums und seiner Doktorarbeit arbeitete er als Personal-Trainer und in verschiedenen Kliniken und Reha-Zentren, wo er sogar Abteilungen mit aufgebaut hatte. Später ist er als Gesellschafter und Geschäftsführer in ein Reha-Zentrum eingestiegen. Doch er fand heraus, dass die meisten Kliniken aus strukturellen Gründen auf standardisierte Therapien von Massen ausgerichtet sind. Björn Haiduk wollte Behandlungen aber generell spezifischer, individueller gestalten und verkaufte die Reha-Klinik im Dezember 2018 wieder. Im April 2019 – ein Jahr vor der Pandemie – eröffnete der Gamechanger das S.P.O.R.T. Institut in Overath.

Der Sportwissenschaftler nutzte die Zeit, um sein Unternehmen in Overath aufzubauen. Als die Pandemie begann und er sich damit beschäftigte, stellte sich heraus, dass sich Long COVID mit 200 verschiedenen Symptomen zeigte, deren Leitsymptome in das Fachgebiet des Sportwissenschaftlers fallen. 2021 erhielten Therapeuten und Ärzteschaft von den gesetzlichen Krankenkassen einen Behandlungsauftrag, der ab Juli 2021 die Behandlung von Patienten mit Long COVID vorsah. Normalerweise gibt es eine Richtlinie mit Vorgaben zur Behandlung bestimmter Erkrankungen. „Doch keiner wusste, wie behandelt werden soll. Es gab einfach kein standardisiertes Verfahren und wir wurden mit dieser Geschichte ganz schön alleine gelassen. Daher habe ich beschlossen, wenn es keine Vorgabe gibt, schaffe ich sie selbst“, erklärt Björn Haiduk.

Nicht nur der Firmenname setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Bereiche Sportwissenschaft/Sportmedizin, Physiotherapie, Orthopädie, Rehabilitation, Training zusammen, sondern das Institut befasst sich in all‘ diesen Bereichen mit den medizinischen Fragen. Zentrales Anliegen des Unternehmens ist die Erforschung zur Steigerung der Regeneration von muskulären Leistungsfaktoren bei orthopädischen und neuronalen oder auch komplementären Krankheitsbildern, die in den Therapien umgesetzt werden. Das Besondere daran: Hier werden die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Therapien mit eingebunden. Mit anderen Worten, hier wird alles betrachtet, was die körperliche Leistung einschränkt, um zur Rehabilitation Lösungen zu finden. „Das S.P.O.R.T. Institut holt genau die Menschen da ab, wo sie stehen und wir betrachten die Krankheitsbilder sowie deren Einflüsse aufeinander“, so Björn Haiduk. Alle Befunde und alle Bereiche des Patienten werden in Augenschein genommen und daraufhin analysiert, wie und wo genau die Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird. „Nach der Diagnostik greife ich bei der Therapieplanung auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zurück. Durch den engen Kontakt zur Sporthochschule Köln bin ich stets gut informiert. Wöchentlich gibt es u.a. ein Online-Meeting zum Austausch. So bleiben wir auf dem neuesten Stand und können schauen, inwiefern es Sinn macht, diese Erkenntnisse in die jeweiligen Bereiche miteinzubeziehen. Das klingt zwar simpel, aber man muss zunächst mal das Gesamtbild kennen, um zu wissen, wo man die einzelnen Mosaiksteinchen einsortieren kann. Jemand, der fachfremd ist und nicht tief in der Forschungsmaterie steckt, hat Schwierigkeiten, das Problem einzuordnen. Das ist die ganz große Kunst dahinter und ist das Kernthema des Unternehmens. Für den therapeutischen Bereich ist das Institut als medizinischer Heilmittelerbringer zertifiziert und bietet Lösungen sämtlicher (multipler) beziehungsweise komplexer Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Wirbelsäulen-, Muskel-, Sehnen-, Knochen- sowie Gelenkerkrankungen, neurologische und komplementäre Krankheitsbilder. Anders als bei Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie steht dabei die nicht-operative Behandlung im Vordergrund. Aufgrund der Zusatzkenntnisse aus anderen Bereichen der Medizin ist der Behandlungsansatz eben ganzheitlich ausgerichtet. Im Fokus stehen die Verbesserung, der Erhalt und die Wiederherstellung von Funktion, Bewegung und Aktivität sowie die Behandlung von Schmerzen mit individualisierten Therapien wie Personal Training, Physiotherapie, Edukation, Beratung und psychologisch informierten Ansätzen.

Patienten werden da abgeholt, wo sie stehen

„Gerade die Menschen, die einen besonderen oder langfristigen Heilmittelbedarf haben und eine längere Therapie benötigen, für die haben wir spezielle Konzepte, die auf Langfristigkeit ausgelegt sind. Patienten werden mit ihrem Krankheitsbild, ihrem Leistungsstand und Grad der Erkrankung in einem gestuften Verfahren eingeordnet. Sie werden da abgeholt, wo sie stehen und nach der Kategorisierung Stück für Stück zur höchsten Lebensqualität geführt, die möglich ist. Am Ende der Behandlung soll man zwischen einem gesunden Menschen und dem Patienten kaum einen Unterschied erkennen können. Und da haben wir sehr gute Erfolge, auch bei Schlaganfall und MS-Patienten, wozu es spezielle Therapien gibt“, erklärt Haiduk.

Bei der Long COVID-Behandlung gibt es mehrere Stufen. Nach der Befragung und Feststellung des Leistungsstandes werden die Patienten ihrer Stufe zugeordnet, um sie dort abzuholen, wo sie stehen. Die Behandlungsstruktur ist bei allen Patienten gleich, da es um eine Standardisierung der Long COVID-Behandlung geht. Die Struktur enthält verschiedene Stufen, die spezielle und individuelle Therapiemuster enthalten. „Zusätzlich gehen wir noch einmal auf weitere Symptome ein – das ist das Besondere hier im Institut. Wegen des Aufwandes sind bei den Therapien pro Einheit maximal drei Patienten in Behandlung“, so Björn Haiduk. Die Behandlungsstufe ist abhängig vom Schweregrad der Erkrankung, vom Ergebnis des Fatigue-Fragebogens und von der Leistung, die die einzelne Person in der Lage ist zu erbringen. Hier geht es nicht um Leistungsdruck, sondern um ‚Pacing‘. Denn es geht hierbei ja genau darum herauszufinden, wie lange es dauert, bis die Patienten vollständig regeneriert sind. Bei Stagnation der Therapie gibt es ein Krisenprotokoll, das noch einmal neue Reize setzt.

S.P.O.R.T. Institut (privat) GmbH 
Lindlarer Straße 95
51491 Overath
Tel. +49 2204 5089740
info@sportinstitut.net
www.sportinstitut.net

Mit Fleiß und Wissen ein Konzept entwickelt

Die Frage war zunächst „Was ist Long COVID überhaupt?“ Die Erkenntnisse waren recht dünn gesät. Doch Haiduk hatte das Glück, dass sein Doktorvater intensiv an Long COVID geforscht hatte und bereits erste Erkenntnisse aufweisen konnte, auf die der Sportwissenschaftler jetzt zurückgreifen konnte. „Man hatte herausgefunden, dass bei COVID 19-Erkrankungen gewisse molekulare Effekte und Veränderungen in der Blut- und Gewebestruktur auftreten. Ähnliche Veränderungen sind bereits durch andere Krankheitsbilder bekannt. Während meiner Promotion hatte ich an anderer Stelle Untersuchungen zu den Veränderungen der Blut- und Gewebestruktur durchgeführt. Es gibt Mechanismen, die diese Strukturen beeinflussen können“, erläutert Björn Haiduk.
Es stellte sich heraus, dass das Hauptproblem bei Long COVID das bereits vor der Pandemie bekannte Fatigue-Syndrom ist, wozu es bereits erste Studien gab. Fatigue kommt aus dem Französischen und bedeutet Müdigkeit oder Erschöpfung. Das Syndrom zeigt ein anhaltendes Gefühl von Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit, dass sich auch durch genügend Schlaf und Ausruhen nicht vertreiben lässt. Die Ursache von Fatigue kann vielfältig sein und die Long COVID Fatigue unterscheidet wieder von den bereits bekannten Fatigue-Syndromen.
„Die gesamten Erkenntnisse habe ich in dem Konzept ‚TRIBAL – TRainIngsbasierte BehAndlung von Long COVID‘ zusammengefasst. Gemeinsam mit der Deutschen Sporthochschule haben wir einen Forschungsantrag gestellt. Doch leider hat die Bundesregierung nicht die Relevanz erkannt, sodass ich dieses Konzept aus eigenen Mitteln finanziere.“
Für den Behandlungsplan nach TRIBAL von Björn Haiduk schaut sich der Sportwissenschaftler verschiedene Faktoren an. Einmal das Fatigue-Syndrom, das durch einen validen Fragebogen gemessen werden kann. Die Antworten geben Aufschluss über die Veränderung der gefühlten Lebenssituation in dem Moment vor und nach der Behandlung. Anschließend werden die Leistungsparameter im Hinblick auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit analysiert. Der dritte Punkt, ein spezielles Blutuntersuchungsverfahren, soll noch kommen.

Das TRIBAL-Konzept zeigt erste Erfolge

Heute weiß man, die roten Blutkörperchen sind bei Long COVID-Patienten extrem verformt und können deshalb wenig oder keinen Sauerstoff mehr transportieren. Bei dem speziellen Verfahren kann man genau feststellen, ob jemand an Long COVID erkrankt ist. Doch es ist sehr komplex und aufwendig und lässt sich nicht einfach bei der gewöhnlichen Blutuntersuchung in einem normalen Labor feststellen. „Sie dauert pro Patient drei Stunden, ich habe sie selbst durchgeführt.“ Und so wird momentan folgendermaßen diagnostiziert: Der Hausarzt schaut sich die Blutergebnisse nach den Faktoren geringer Eisenmangel, erhöhter Entzündungswert im Körper oder schlechte Werte im Herzsystem an. Ist eine COVID-Erkrankung bekannt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich hier um eine Fatigue bestimmte Long COVID-Erkrankung handelt. „Wir hier im Institut wissen, wie man diese Faktoren beeinflussen kann und genau das wird in unserem TRIBAL-Konzept umgesetzt. Mit einem unheimlich guten Erfolg: Nach sechs Wochen kam es zu einer Leistungssteigerung um 67 Prozent und weiteren positiven Nebeneffekten.“

Das Konzept TRIBAL von Björn Haiduk ist der erste Vorstoß für die erste Entwicklung einer Behandlungsmethode für die Leitsymptomatiken von Long COVID und ist derzeit in der Studie des S.P.O.R.T. Instituts. Als sogenanntes ‚Proof Of Concept‘ wird voraussichtlich im November 2022 die Sporthochschule in TRIBAL miteinsteigen und das Ganze wissenschaftlich begleiten. Die vollständige Genesung eines Patienten wird anhand des 100-prozentigen Scorewertes des Fatigue-Fragebogens festgemacht. Momentan befinden sich vier Patienten in der Studie des TRIBAL-Verfahrens, die von allen gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird. Wenn das TRIBAL-Konzept fertig ausgearbeitet ist, wird es der Öffentlichkeit als Standardisierung zur Verfügung gestellt. Hiermit soll die immer noch offene Lücke geschlossen werden.

Das Ziel: Die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit

Phänomene zu Problemen machen und aus Problemen Lösungen entwickeln

2022 wurde das S.P.O.R.T. Institut und die angestellten Therapeuten als Long COVID-Zentrum von dem Long COVID Netzwerk anerkannt und als solches zertifiziert. Das Expertengremium besteht aus der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung & Innere Medizin IV / Long COVID-Ambulanz des Universitätsklinikums Heidelberg, Kompetenznetz Long COVID Rhein-Neckar und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. In diesem Netzwerk sind auch die Kassenärztliche Vereinigung und der Hausärzteverband angeschlossen. Die Zertifizierung besagt, dass das Institut über ein fachspezifisches Wissen im Umgang mit der Erkrankung und den Patienten von Long COVID hat. Die Therapeuten werden dazu in einer Fortbildung der Landesärztekammer Baden-Württemberg geschult.

Was treibt den 43-jährigen Doktor der Sportwissenschaft Björn Haiduk an? „Ich suche gezielt nach einer Lösung, um die Angst vor Long COVID zu nehmen und auch um zu zeigen, es gibt eine Therapie. Wie lange sie dauert und auch ob jede Therapie Erfolg hat, das wissen wir nicht. Diese Fragen sind noch offen und werden geklärt. Das TRIBAL-Verfahren ist noch recht jung. Es ist momentan unbekannt und zu abstrakt, als dass man die Tragweite erfassen kann. Es ist bahnbrechend und global hochgradig interessant! Und Stand jetzt sind die Ergebnisse sehr erfolgsversprechend.“

Autorin: Birgit Franke
Fotos: S.P.O.R.T. Institut

Kluge Köpfe im S.P.O.R.T. Institut

Das Unternehmen ist einer von vielen Mitmachern der Fachkräftekampagne „Kluge Köpfe arbeiten hier“.

Im S.P.O.R.T. Institut arbeiten bedeutet: „Zu uns passen Menschen, die neugierig sind und über den eigenen Tellerrand hinausschauen. Menschen, die ihr Wissen freigiebig mit anderen teilen, die ein Interesse an Forschung mitbringen und neuen Erkenntnissen gegenüber offen sind. Aufgrund unserer engen Verzahnung mit der Sporthochschule Köln sind wir bei unserer Arbeit immer nah an der Wissenschaft. Zum Beispiel werden bei uns Forschungsvorhaben durchgeführt. Unsere Mitarbeitenden haben dadurch den Vorteil, dass ihre Arbeit im Rahmen dieser Forschungen evaluiert wird. Das heißt, sie sehen genau, welchen Erfolgt ihre Arbeit bringt.

Wir suchen Teamplayer und Menschen, die unser Konzept mittragen. Wir sind davon überzeugt, wir können nur erfolgreich sein, wenn wir patientenorientiert arbeiten. Bei uns fühlen sich Menschen wohl, die offen und mit Interesse auf Andere zugehen. Zugehörigkeit und Zusammenarbeit spielt für uns eine wichtige Rolle. Wir stehen alle gemeinsam auf einer Ebene. Wir unterstützen uns gegenseitig. Wir diskutieren viel miteinander. Genauso viel lachen wir auch miteinander.“

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