Wer an Ampeln denkt, denkt an große Straßen, viel Verkehr, Staus und Baustellen. Irritiert sind daher oft diejenigen, die die Wiege moderner mobiler Lichtsignalanlagen besuchen möchten: Das Auto rollt durch Wiesen und Wälder auf Sträßchen ohne Mittelstreifen und Gehwege. Wird die FABEMA®-Firmenzentrale schließlich erreicht, liegt die letzte Ampel kilometerweit hinter einem. An diesem entlegenen bergischen Flecken dominieren jedoch nicht Fuchs und Hase, sondern Spezialisten für IT und Technik. Was sie permanent weiterentwickeln und mit viel Handarbeit produzieren, wird europaweit verkauft. „Fabemas“ sind seit Jahrzehnten Klassiker der Straßen.
FABEMA® GmbH
Hähn 10a
51515 Kürten
Tel.: +49 (2207) 96580
info@fabema.de
www.fabema.de
Neue Technik als Alleinstellungsmerkmal
Dauerbrenner und Bestseller ist die Baustellenampel EURO 2000. Sie habe sich seit 1998 rund 35 000 Male verkauft, erzählt Geschäftsführer Peter Tesch. Aushängeschild sei nun aber die innovative TÜV-geprüfte Lichtsignaltechnik, die innerhalb der Firma fast sieben Jahre lang bis zur Produktreife gebracht worden sei – alles streng geheim. „Diese Technik ist ein Alleinstellungsmerkmal und ein Quantensprung fürs Unternehmen“, sagt der 57-Jährige.
Der Erfolg der mobilen Ampelsysteme aus Kürten hat viele Väter und Mütter, er macht neben dem Geschäftsführer auch das ganze Team stolz. „Viele sagen, wir seien Marktführer. Das kommt durch die hohen Verkaufszahlen und den technologischen Vorsprung, den wir haben“, bestätigt der Geschäftsführer, was fachversierte Spatzen von den Dächern pfeifen. Er selbst scheut solche Superlative. Lieber schwärmt er im Besucher- und Schulungsraum „Ampelgarten“ von den Produkten oder von der Mitarbeiterschaft. Oder er zieht dem Gast im neuen Erweiterungsbau, der dieses Jahr die Fläche für Verwaltung und Fertigung drastisch vergrößerte, noch schnell einen Kaffee.
Von der Garage in die Welt
FABEMA® ist das Leben von Peter Tesch (auch wenn inzwischen seine Enkel manchmal die Prioritäten verschieben). Dabei kam der gebürtige Kürtener eher zufällig ins Unternehmen, als ihm ein VW-Bus mit der Aufschrift „Funkampeldienst“ begegnete. „Ich wollte wissen, was das ist.“ Prompt fragte ihn der damalige Firmenchef Manfred Berghaus: „Willste hier abidde?“ Peter Tesch wollte. Er startete 1991 als Techniker in der Produktion des kleinen Unternehmens, das Berghaus mit seiner Ehefrau Heike 1972 in Kürten-Blissenbach gegründet hatte – klassisch in einer Garage. Heute bespielt die Firma rund 1700 Quadratmeter mit ihrem Ampel-Knowhow: Entwicklung, Produktion, Vertrieb, Vermietung, Wartung, Reparatur – und natürlich Verwaltung. Hinzu kommen die Außenstellen in Köln und Kahla/Thüringen. Gründer Manfred Berghaus, 78, ist noch als Gesellschafter involviert.
Foto: Peter Tesch mit Bildern der Kürtener Künstlerin Renate Berghaus in der Firmenzentrale
Peter Tesch lädt zum Rundgang durchs Unternehmen ein. Vom Obergeschoss des Neubaus, wo sich gemütliche Sitzecke, Kaffeeküche und Verwaltungsbüros befinden, schweift der Blick durch große Fenster weit ins Bergische. Treppab geht es in die Fertigung der Lichtsignalanlagen. In der klassischen mobilen Funkampel auf Rädern, erläutert der Chef, seien rund 350 Teile verbaut. Herzstück sei stets die im Haus entwickelte Platine, die ihrerseits mit rund 300 Teilen bestückt werde – alles Handarbeit Made im Bergischen. „Wir fabrizieren nicht in Fernost“, stellt Peter Tesch für sein Unternehmen klar. Er setzt auf die Standorte Deutschland, Österreich und Slowakei. „Und wir arbeiten sehr gern mit Firmen in der Region zusammen, in Kürten, Overath, Lindlar, Remscheid.“
Von der Software bis zur Straßenmarkierung
Weiter geht es zum „Ampelgarten“-Showroom, dann durch die Reparaturwerkstatt und das großflächige Lager. Schließlich kommen die Büros der „Brains“ in Sicht, wo Software- und Sicherheitssysteme entwickelt, umfangreich getestet und für die Praxis fit gemacht werden – unter anderem in der Klimakammer. Etwas zur Marktreife zu bringen, ist arbeitsintensiv. So dauerte beispielsweise die Testphase für die Sicherheitstechnik des neuen TÜV-geprüften Schaltschranks anderthalb Jahre. Vorausgegangen waren mehr als fünf Jahre Entwicklung. Sicherheit vom Feinsten, meint Peter Tesch: „Jeder Fehler führt innerhalb von 100 Millisekunden zur sicheren Abschaltung.“
Kunden von FABEMA bekommen maßgeschneiderte Lösungen mit Rundum-Service: von der Beratung über den Verkauf oder die Vermietung der Hardware bis hin zu Auf- und Abbau der mobilen Lichtsignalanlagen. Auch Fahrbahnmarkierungen, Kontrollen, Beschilderungen sowie den dazugehörenden Papierkram inklusive Genehmigungen können Kunden den Kürtener Ampel-Profis überlassen. Allein sechs Verkehrsingenieure sind speziell mit dem Ausbaldowern des optimalen Verkehrsflusses in Baustellen beschäftigt.
Viel Handarbeit – in einer Platine stecken ca. 300 Teile
Testen der Ampeltechnik
Die Ampelanlage im Einsatz vor Ort
Aufbau für die Baustelle
„Der Wert des Unternehmens sind die Menschen“
Als Peter Tesch vor 32 Jahren bei FABEMA® einstieg, gab es zwölf Mitarbeitende. Jetzt sind es 85 an drei Standorten, darunter – was den innovativen Drive des Unternehmens zeigt – acht Vollzeit-Entwickler für Soft- und Hardware. Gute Leute zu finden, ist auch für die Ampelfirma schwer. Dabei sei die entlegene Lage nicht unbedingt ein Hindernis, meint der Geschäftsführer. Denn etwa die Hälfte der Beschäftigten stamme aus dem Umkreis und sei sehr standortaffin. Die übrigen Mitarbeitenden kommen aus allen Ecken der Welt. Neun Nationen arbeiten bei FABEMA® erfolgreich Hand in Hand.
Für Peter Tesch hat das gesamte Team – zu dem auch seine Ehefrau gehört – höchsten Stellenwert. Das spiegelt sich in der recht geringen Fluktuation wider. Sein Credo: „Der Wert des Unternehmens sind immer die Menschen.“ So war es für ihn in Coronazeiten klar, niemanden fallen zu lassen. Und er ist stolz darauf, dass tatsächlich alle mitgezogen werden konnten – ohne öffentliche Gelder. „Ich habe damals gesagt: entweder alle oder keiner.“
Verantwortung teilen, im Team führen
Wie sieht die Zukunft für FABEMA® aus? Ein mittelständischer Hersteller dieser Größenordnung und mit solch zukunftsträchtiger Technik könne heutzutage nicht mehr allein gesteuert werden, hat Peter Tesch erkannt: „Nur ein Häuptling kann die Firma nicht mehr führen. Die Dinge sind zu speziell.“ Deshalb habe er begonnen, die Struktur so zu verändern, „dass junge Leute führen können.“ Es gehe ihm darum, „die Hoffnungsträger des Unternehmens auszumachen und um mich herum zu bündeln.“ Ein Leitungsteam gewissermaßen, ein halbes Dutzend sachkundiger, kreativer und verantwortlicher Mitarbeitenden aus verschiedenen Bereichen. Solch interdisziplinäres Arbeiten ist für Peter Tesch ein Erfolgsfaktor. „Der Prozess braucht Zeit. Und ein Dinosaurier wie ich, der viele Jahre im stillen Kämmerchen gesessen hat, muss sich ganz schön umstellen.“ Doch nur dieser Weg sei effektiv.
Sechs Ingenieure arbeiten an einer Verkehrsplanung. Darum sind Qualifizierung und Förderung der Mitarbeitenden für Peter Tesch so wertvoll.
Zwei Herzensdinge: Ampelmännchen und Barrierefreiheit
Es hört sich keineswegs kitschig, sondern aufrichtig an, wenn der 57-jährige Kürtener sagt: „Ich verwirkliche mich in diesem Lebenswerk.“ Dabei gesteht er zwei besondere Passionen: Die eine („mein Fimmel“) gilt den Ampelmännchen aus DDR-Zeiten, die sich im Unternehmen auf WC-Türen, Give-aways und am Revers des Chefs finden. Die andere Passion gilt barrierefreien Lichtsignalanlagen. „Seit drei Jahren kämpfe ich, um die Barrierefreiheit mehr in die Köpfe zu bekommen.“ Dabei denkt er nicht nur an eine mobile Ampel mit akustischen Signalen für Blinde und Sehbehinderte – denn diese ist von FABMEA® bereits 2022 auf den Markt gebracht worden. Peter Tesch träumt – sogar ganz konkret in einem Arbeitskreis – von barrierefreien Baustellen für alle, die sich auch mit Kinderwagen, Blindenhund, Rollator oder Rollstuhl problemlos meistern lassen. Eine große Baustelle!
FABEMA® BLINA weist Blinden den Weg
Um Blinden und Sehbehinderten mehr Mobilität zu ermöglichen, hat FABEMA® das Produkt „FABEMA® BLINA“ auf den Markt gebracht. Dies ist ein sprechendes mobiles Informations- und Navigationssystem für Blinde und Sehbehinderte, das den Weg durch unbekanntes Terrain weist: nicht nur durch Baustellen und bei Sperrungen oder Umleitungen, sondern auch an Flughäfen und Bahnhöfen oder in Einkaufszentren.
Das System besteht aus einer mobilen Info-Säule, die an der kritischen Stelle aufgestellt wird. Ihre Software interagiert mit der kostenlosen App LOC.id, über die Blinde in der Regel verfügen, da sie per Bluetooth beim Auffinden von Info-Quellen, Ampeln, Bushaltestellen und anderem hilft. Nähert sich eine seheingeschränkte Person (mit LOC.id auf Handy oder Handsensor) der BLINA-Säule, erhält sie automatisch akustische Infos über den Ort, die Umleitung oder die nächste Ampel und wird sicher zum Ziel navigiert. Dabei ist die Lautstärke stets automatisch auf die Umgebungsgeräusche abgestimmt.
Autorin: Ute Glaser
Fotos: Ute Glaser und FABEMA®