Die junge Agentur taaro zeigt Unternehmen nachhaltige Wege, sich auf dem Markt zu positionieren
Wer zu taaro kommt, spürt Energie und gute Laune. Und das selbstfabrizierte Visitenkärtchen aus gebrauchtem Karton, das Firmeninhaberin Janina Lamers überreicht, signalisiert sogleich: Wir meinen es ernst mit der Nachhaltigkeit, auch in kleinen Dingen. Dabei ist das Alltagsgeschäft der 38-Jährigen im Grunde eher der große Wurf. Es geht darum, wie Firmen sich und ihre Produkte auf Messen, bei Roadshows, im Unternehmen oder auch in Stores präsentieren. Kurz: Es geht um das nachhaltige Design der Marke im Raum.
taaro
Agentur für Markeninszenierung nachhaltiger Unternehmen
Vürfelser Kaule 16
51427 Bergisch Gladbach
Tel. +49 2204 7061060
hallo@taaro.de
www.taaro.de
„Ganze Räume weggeschmissen“
Nachhaltiges Design? Da stutzen manche. Janina Lamers klärt auf: Die „lebenslangen“ Auswirkungen eines Produkts oder Projekts werden zu 80 Prozent bereits in der Gestaltungsphase festgelegt. Designer bestimmen nicht nur die Strategie und Optik, sondern auch Baustoffe und Farben und damit im Prinzip Lieferanten, Transportwege und Müllmengen. „Deshalb liegt uns Designern eine so große Verantwortung auf den Schultern.“ Designer könnten an den Stellschrauben der Ressourcenschonung drehen und nachhaltige Lösungen kreieren – und täten es dennoch meist nicht. So würden beispielsweise immer noch aufwändige Messestände nach dem Event verschrottet. „Ganze Räume werden hinterher weggeschmissen.“ Die Bergisch Gladbacher Agentur-Chefin weiß genau wovon sie spricht, denn sie hat es in ihrem Berufsalltag oft genug erlebt.
Die 38-jährige Produkt- und Interiordesignerin arbeitete nach ihrem Diplom zunächst ein Jahr lang in China als Produktdesignerin für Lampen und Leuchten, konnte sich aber mit dem „sehr auf Profit bedachten“ und „zum Teil unter sehr fragwürdigen sozialen Bedingungen“ durchgeführten Herstellungsprozess nicht anfreunden. Sie wechselte zu einer führenden Agentur für Markenberatung nach Zürich, wo sie mit dem Thema „Marke im Raum“ vertraut wurde. Elan und Kreativität spornten Janina Lamers an, sich 2011 in Köln mit einem Designstudio selbstständig zu machen. Nachdem sie es 2020 in ihre Heimatstadt Bergisch Gladbach verlegt hatte, kam es dort am 1. April 2021 (kein Scherz!) zur Geburtsstunde von taaro. Eine Neuorientierung aus drei Gründen.
Ökologische
Material-Bibliothek
Corona als Inspiration
Erstens fehlten der Designerin Kollegen: „Ich hatte seit Jahren schon das Gefühl: Nur alleine macht es auch keinen Spaß. Im Team zu arbeiten, wäre schön.“ Zweitens fühlte sie sich zwischen Privat- und Arbeitsleben oft zerrissen: Privat lebte sie vegan und nachhaltig, beruflich sorgte ihr Design notgedrungen für Müll und Energievergeudung, „weil gerade die Messebranche eine sehr ressourcenverschwenderische Branche ist.“ Dann kam, drittens, Corona und die Branche lag am Boden. Doch Janina Lamers begriff dies als Chance und Inspiration. „Will ich wirklich so weitermachen? Ist das zukunftsträchtig?“, fragte sie sich. Die Antwort war nein – beziehungsweise taaro.
taaro heißt „rund“ auf Fula, der Sprache Gambias und Zweitsprache von Janina Lamers’ Tochter. Rund steht für den Kreis, den Kreislauf des Lebens und das Circular Design. taaro signalisiert, dass hier in Bergisch Gladbach die Dinge rund gedacht werden, was heißt: Am Anfang schon ans Ende denken! „Ein Game Changer“, sagt die Chefin. Ziel sei es, die Auswirkungen von Markenauftritten auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten.
Glück war es, dass die quirlige Bergisch Gladbacherin einen Gleichgesinnten fand, der sie kongenial ergänzt und derzeit vom Angestellten auf dem Weg zum Mitinhaber ist: Stephan Klopp. Den 48-jährigen Produktdesigner kannte sie aus ihrer Zürcher Zeit. Als er zu einer Frankfurter Messebaufirma wechselte, band er sie als Freiberuflerin öfters ein. „Wir hatten viele Projekte über die Jahre hinweg“, sagt er. Beide mögen das Haptische, arbeiten gern mit den Händen, haben viel Auslandserfahrung, waren für internationale Unternehmen tätig und sind gutgelaunte, vor Energie vibrierende Menschen. Während sie das kreative Mastermind bei taaro ist, fungiert er vor allem als Herr der Prozesse und Strukturen im insgesamt vierköpfigen Team.
Die Designkriterien von taaro
Markenwelten für nachhaltige Unternehmen
Nachhaltige, sensorische Markenerlebnisse
Ob Messestand, Ladenpräsentation oder Showroom: Bei allem, was die Design-Agentur für ihre Auftraggeber entwickelt, setzt sie als Allererstes auf Beratung. Denn häufig wisse der Kunde gar nicht genau, was er brauche, um sich und seine Marke sichtbarer und nachhaltiger zu präsentieren. Nach Analyse und Ideenschmiede gehe es anschließend bei der Umsetzung insbesondere darum, Räume zu schaffen, die multisensorische Erlebnisse ermöglichen: Dinge lassen sich berühren, vielleicht riecht es lecker, Farben und Klänge unterstreichen die Botschaft. Auf diese Weise präsentieren Marken sich ganzheitlich und bleiben nachhaltiger im Gedächtnis.
Nachhaltig sind die Designkonzepte von taaro auch in ökologischer Hinsicht. Der Markenauftritt soll klimaneutral sein, der ökologische Fußabdruck am besten unsichtbar. Um dies zu erreichen, achtet das kreative Duo unter anderem auf optimale Transportwege, arbeitszeit- und personalsparende Aufbauzeiten, biologische Farben und recyclebare Materialien. Derzeit entsteht am Firmensitz eine Material-Bibliothek, in der sich schon jetzt ungewöhnliche natürliche Werkstoffe anfassen lassen: Folie aus Algen. Textil, das aus 80 Prozent Plastikflaschen hergestellt ist.
Moos, das nicht gepflegt werden muss, ohne künstliche Farbstoffe satt grün schimmert und kompostierbar ist. Plattenwerkstoff, gepresst aus recyceltem Holz, das sich mit nachhaltigen Klebstoffen fixieren und gegebenenfalls schreddern lässt.
Nachhaltig heißt auch: weiterverwenden statt wegwerfen. Deshalb konzipieren Janina Lamers und Stephan Klopp am liebsten modulare Systeme, wenn es um Räume und Möblierung geht. So schufen sie für ein veganes Taschenlabel aus Köln einen Messestand aus „grünen“ Materialien, dessen Elemente anschließend für Shop-in-Shop-Inszenierungen oder im Studio für die Content-Produktion verwendbar sind.
Folie aus Algen, Textil aus Plastikflaschen und mehr
Moos ohne Farbstoff und Wasserbedarf
Unterstützung der RBW
Sie suchen Kontakt zu Hochschulen oder Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen? Die RBW hat zahlreiche Kooperationen und vermittelt Ihnen die Kontakte. Außerdem kennen wir uns aus im Förderdschungel und beraten Sie bei der Suche nach dem für Sie geeigneten Programm. Mehr dazu erfahren Sie auf unserer Seite zu den Fördermitteln.
Unsere Kooperationspartner finden Sie auf der Seite zur Innovations- und Technologieförderung. Ihr Kontakt: Slawomir Swaczyna, Tel. 02204 9763-15, E-Mail: swaczyna@rbw.de
Neue App für Designer
Weil die Menschen bei taaro ganzheitlich denken, kümmern sie sich natürlich nicht nur um die Marke im echten Raum mit all seinen multisensorischen Begegnungsmöglichkeiten – von der Möblierung bis zum nachhaltigen Snack oder Give-away. Sie kümmern sich auch um digitale Kontaktpunkte im virtuellen Raum, sofern der Auftraggeber dies wünscht. Zudem entwickelt die Agentur derzeit gemeinsam mit der RWTH Aachen eine App, für die sie – unterstützt von der Rheinisch-Bergischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW) – NRW-Fördergelder erhalten hat. Diese App soll Materialien, Ideen und Gestaltungsprozesse auf ihre Nachhaltigkeit checken und so eine Entscheidungshilfe für Designer werden.
Wer kann zu taaro kommen? Jedes Unternehmen, das bereits nachhaltig agiert oder das sich auf den Weg machen will. Obwohl gerade erst ein Jahr alt, hat taaro bereits renommierte Kunden, etwa Spark und Brita, und konzipiert mit engen Netzwerk-Partnern Markenräume beispielsweise für Samsung, Viessmann und Scania. „Auch wenn der erste Schritt sehr klein erscheint, tue ihn!“, ermuntert Stephan Klopp. Und er beruhigt: „Wir sind keine Dogmatiker, keine Öko-Hardliner. Was wir tun, muss ökonomisch sein und zielgerichtet.“ Für den Einstieg empfiehlt sich der Workshop, den die beiden Designer entwickelt haben (siehe Kasten). Dieser hilft, die spezifischen Bedürfnisse und Wünsche jedes Kunden herauszufiltern, um ihn optimal beraten zu können.
Workshop zum Einstieg
Die meisten Unternehmen können das, was sie eigentlich benötigen, nicht formulieren, so die Erfahrung der beiden taaro-Designer. Und sie selbst kennen zwar ihr Instrumentarium, aber nicht die Besonderheiten des Kunden. Damit beide Seiten sich austauschen und eine optimale Basis für eine womöglich längere Zusammenarbeit schaffen können, bietet taaro einen Workshop an. In diesem Workshop werden Wünsche und Ziele benannt, Ideen formuliert, Lösungen gefunden.
„Damit haben wir ein Super-Tool für uns entwickelt“, sagt Agentur-Chefin Janina Lamers. „Nachhaltigkeit im Unternehmen ist ein Weg und eine Entwicklung. Hauptsache anfangen! Dabei wollen wir gerne unterstützen.“
Workshop-Dauer: 1 oder 2 Tage (auf Wunsch auch digital)
Ergebnis: Erstellung eines vollständigen Projekt-Briefings, schriftliche Dokumentation mit ersten Lösungsansätzen für Markenerlebnis, Definition des Markenraums und Customer Journey
Mehr Infos: www.taaro.de/workshop
Raus aus der Nische …
Die Räume, die taaro kreiert, sollen begeistern. „Das ist unsere Kernkompetenz“, betont Janina Lamers. Ihr Wunsch? „Dass wir mit unseren nachhaltigen Impulsen auch etwas in unserer Branche bewirken.“ Stephan Klopp setzt hinzu: „Raus aus der Nische, rein in den Mainstream! Damit Nachhaltigkeit zum Standard wird.“ Ach ja: Sollte ein taaro-Design am Ende nicht hundertprozentig klimaneutral sein, werden die nicht vermeidbaren Emissionen berechnet – und kompensiert.
Autorin: Ute Glaser
Fotos: taaro und Ute Glaser