RLE International: Technologiewandel in der Automotive-Branche

Die RLE International Gruppe in Overath gehört zu den führenden Anbietern von Engineering-Dienstleistungen weltweit. Das 1985 gegründete Unternehmen mit Schwerpunkt Fahrzeugentwicklung beschäftigt weltweit ca. 2.100 Mitarbeiter und ist in ihren Geschäftsfeldern breit aufgestellt vom Engineering über Elektronik und Digitalisierung bis hin zur Arbeitnehmerüberlassung. Viele der Projekte unterliegen jedoch der Geheimhaltung; RLE gehört im wahrsten Sinne des Wortes zu den „Hidden Champions“ der deutschen Industrie.

Weltweit tätiger Engineering-Dienstleister

Der historische Fachwerkhof „Gut Brodhausen“ im idyllischen Sülztal in Overath-Immekeppel war ganz früher einmal ein Reiterhof mit Gastronomie. Das ist er schon lange nicht mehr. 1985 begann der Wandel als Pervez Rupa und Hermann Laufenberg die Rupa & Laufenberg GmbH gründeten. Heute wird das Unternehmen in der zweiten Generation geführt. Mit dem rasanten Fortschritt technologischer Möglichkeiten wurde aus dem kleinen Ingenieurbüro in Overath ein weltweit agierendes Unternehmen. Die RLE International Gruppe rangiert unter den Engineering-Dienstleistern weltweit auf einem der oberen Plätze.

Aus der Firmenzentrale in Overath und der Niederlassung in Köln steuert RLE das Geschäft. Weitere Standorte in Deutschland sind Rüsselsheim, Stuttgart, Korntal-Münchingen, München, Osnabrück, Leipzig und Bremen. Weltweit ist RLE in Ländern auf vier Kontinenten vertreten: darunter England, USA, Spanien, Indien, China und Australien.

Das Führungsteam (v.l.n.r.):  Hans-Joachim Laufenberg, Robert P. Rupa , Michael Kiefer, Ralf Laufenberg und Darren Gowland 

Auf das Tempo kommt es an

Man erkennt es schon am digitalen RLE-Repertoire, das die komplexe Firmentätigkeit beschreibt und nach außen bringt: Unternehmenspräsentationen mit Texten, Charts, Fotos, Zahlen, Videos und LinkedIn-Posts enthalten viele Informationen und laufen manchmal in recht atemberaubender Geschwindigkeit ab. Doch ohne Geschwindigkeit geht es nicht bei RLE. „In der Welt der e-Mobilität, geprägt von Digitalisierung, Transformation und steigender Komplexität geht es nicht nur um höchste Kompetenz und Qualität, sondern auch darum, die führende Rolle auf dem Markt zu behaupten“, sagt Ralf Laufenberg, CEO des Unternehmens. Zu den Kernbereichen Engineering und Konstruktion sind mit hoher Dynamik diverse weitere Geschäftsmodelle gestoßen. Engineering, im Deutschen etwas hölzern übersetzt mit „Ingenieurswissenschaften“, bedeutet zu erfinden, zu planen und zu konstruieren – Maschinen, Geräte, Systeme, Materialien und Verfahren. Konkret bei RLE geht es um Mobilitätskonzepte der Zukunft.

Mobilität besser, sicherer und ökologischer machen

Die RLE Mobility GmbH & Co. KG als Teil der Unternehmensgruppe bewegt sich im Thema Mobilitätslösungen: Vom Konzept über die Fahrzeugstudie bis zum serienreifen Produkt; für Hersteller, Lieferanten und Start-ups. Es geht um Fahrzeugentwicklung, Antrieb und Fahrwerk, um Elektronik, Elektromobilität und Leichtbau mit der gesamten Bandbreite der Ingenieursleistungen. Vor allen Dingen aber geht es darum, etwas besser zu machen. Neben den „Klassikern“ wie Gewichtsreduktion, Kostenoptimierung und Qualitätssteigerung rücken zunehmend Software, Künstliche Intelligenz, Design und Konnektivität in den Fokus. Sie sollen Mobilität sicherer und ökologischer machen, wie beispielsweise durch Batterieentwicklung für Elektrofahrzeuge und autonomes Fahren.

In der Roadmap, die Meilensteine bis 2030 aufweist, steht das Ziel „Zero Emission“ im Fokus. „Dass der Verbrenner vor allem in Europa und Asien auf dem Rückzug ist, ist allgemein bekannt und akzeptiert. Im großen Pool der RLE-Leistungen stehen daher etwa die Unterstützung bei Elektro- und Brennstoffzellentechnologien. Auf vielen Ebenen ist RLE mit Partnern von Universitäten oder aus der Start-up-Szene vernetzt – in Deutschland und quer um die Welt.

Mit dem chinesischen Start-up NIO verbindet RLE eine enge Partnerschaft. Es gibt verschiedene Projekte in Deutschland und China , u.a. die Homologation durch Testfahrten mit dem Berliner Team. Homologation ist der Prozess, bei dem ein Fahrzeug oder ein Fahrzeugteil von einer zuständigen Behörde oder einer unabhängigen Organisation geprüft und zugelassen wird, um sicherzustellen, dass es den geltenden Sicherheits- und Umweltstandards entspricht.

CES Las Vegas 2024

v.l.n.r. Daniel Alheit, Tilman Steininger, Volker Wissing, Michael Kiefer, Ralf Laufenberg. RLE war als Teil des offiziellen deutschen Pavillons vertreten.

Prozesse optimieren für schnelle Marktreife

Die Themen und Herausforderungen der Zukunft werden noch ganz andere sein; viele von ihnen heute noch gar nicht absehbar oder gar undenkbar. In diesem Umfeld von Komplexität, Veränderung und Unsicherheit geht es nicht nur um Produkte und Technologie. Es geht darum, vorbereitet und gut aufgestellt zu sein für alles, was kommt. Und auch hier gilt wieder: es muss schnell gehen. Das Schlagwort Agilität, das Geschwindigkeit mit Anpassungsfähigkeit kombiniert, spielt dabei eine wesentliche Rolle. Der langjährige Slogan „Engineering Excellence. Worldwide.“ ist einem „Global. Agile. Digital.“ gewichen.

Eine besondere Stellung nehmen neben der strategischen Beratung der Kunden inzwischen die Themen „Generative Engineering“ und „Connected Engineering“ ein, welche die Automatisierung von Entwicklungsprozessen ermöglichen. „Es ist überraschend, wie viel da noch geht“, sagt Ralf Laufenberg „Wir reden hier von bis zu 50 Prozent Zeit, die in vielen Prozessen eingespart werden kann.“ Tools und Services ermöglichen Datentransparenz und Wissenstransfer, die schnellere und bessere Entscheidungen, zügigere Variantenentwicklung und den sonst häufig schwierigen Übergang vom Prototyp zur Serienfertigung ermöglichen. Ziel ist es, schneller rentabel zu sein und schneller auf den Markt zu kommen.

RLE-Testfahrer und -Testfahrerinnen für NIO in Berlin

Offizieller Auftakt der Partnerschaft mit dem chinesischen Start-up NIO  im August 2023

Fachkräfte akquirieren im „War for Talents“

„Es geht aber auch darum, die Ingenieure zu entlasten, indem sie nicht ein und dieselbe Arbeit immer wieder machen. Der wachsende Mangel an Fachkräften erfordert schon fast so etwas wie eine ‚Zwangs-Digitalisierung‘“, sagt Laufenberg und kommt direkt zum nächsten Thema: Die Herausforderung, die Menschen zu finden, die die Arbeit leisten.

„Wir merken den Fachkräftemangel ganz deutlich“, sagt er. „Manchmal verzögern sich Projekte nur deswegen. Das ist in der gesamten Branche so.“ Das Akquirieren von Fachkräften übernimmt RLE seit rund 30 Jahren nicht nur für sich selbst, sondern auch für Kunden und Lieferanten. Die RLE Engineering and Services GmbH bringt bundesweit Profis mit professionellen Projekten zusammen – im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, Personalvermittlung oder für zeitlich begrenzte Projektarbeiten. Auf der Website stehen alle aktuell in Deutschland für RLE, Kunden und Partner ausgeschriebenen Stellen – so gut wie alle für hochqualifizierte Bewerber. Obendrüber steht eine Summe: bei unserem Besuch waren es 1.095 Gesuche.

RLE kompensiert den Fachkräftemangel auch durch Recruiting im Ausland: zum Beispiel in den USA, in England, Spanien, China und Indien. Sie arbeiten mal remote, mal vor Ort. RLE kümmert sich um die Arbeitserlaubnis über Verträge und andere erforderliche Schritte, um in Deutschland tätig zu sein. Doch der Aufwand lohnt sich.

Familienbetrieb in dritter Generation

In der Entwicklungs- und Zulieferbranche gehört RLE zu den ganz wenigen traditionellen Unternehmen, die ihre Wurzeln als Familienbetrieb in der zweiten Generation fortsetzen. Geschäftsführer Ralf Laufenberg trat 1993 in das Unternehmen seines Vaters ein. An seiner Seite stehen sein Bruder Hans-Joachim Laufenberg, Mitgründer Robert P. Rupa und seit einiger Zeit auch Michael Kiefer als CTO. Auch die dritte Generation Laufenberg ist bereits sehr aktiv im Unternehmen – jeder in dem Bereich, der ihn besonders interessiert. Auch ein Großteil der Mitarbeiter stammt aus der Region und ist schon viele Jahre dabei.
Bleibt die Frage nach den Kunden, und die nach ein paar konkreten Beispielen, woran RLE ganz genau arbeitet. Aber keine Chance. Es geht nun mal um den Entwicklungsbereich, und Entwicklung ist das höchste Gut für ein Produktionsunternehmen, sich am Markt zu positionieren. Nicht bloß die Schweigsamkeit, auch die Sicherheitsvorkehrungen im Unternehmen sind dementsprechend hoch. Reichen muss dem Außenstehenden, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in seinem Auto ein Stück RLE steckt.

Autorin: Karin Grunewald
Fotos: RLE International
Titelbild: Bundesministerium für Digitales und Verkehr der Bundesrepublik Deutschland

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