Das Bergisch Gladbacher Start-up möchte Wahlen digitalisieren -
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Payman Supervizer
Nein, Payman Supervizer ist kein Künstlername: „Ich plane inzwischen bei Vorträgen oder Präsentationen immer ein paar Minuten am Anfang ein, um zu erklären, dass der Name nicht gekauft ist – ich heiße wirklich so“, lacht Supervizer. Vorträge und Präsentationen gehören aktuell zu Payman Supervizers täglich Brot, um sein Unternehmen VoteBase und die Idee dahinter vorzustellen. VoteBase möchte mit Hilfe einer App Wahlen digitalisieren und den Wahlprozess dadurch für Bürgerinnen und Bürger vereinfachen. Die Wahl-App nutzt dabei die Blockchain-Technologie, die den Wahlprozess für den Wähler völlig transparent gestaltet, die Wahl gleichzeitig aber auch vor Fehlern und Manipulationen schützt. Payman Supervizers Idee dahinter: „Wir möchten mit unserer App die Demokratie stärken!“ Es gehe nicht nur darum, Wahlen zu digitalisieren, sondern auch darum, die Bevölkerung aktiver in Entscheidungen miteinzubeziehen: „Wir wollen ein Mittel schaffen, das so sicher ist, dass man Wahlen darüber abhalten kann, um mehr Transparenz und mehr Nachvollziehbarkeit zu bieten. Aber eben auch ein Tool zu haben, womit Bund, Länder und Kommunen aktiver mit der Bevölkerung im Austausch stehen können“, sagt der 30-Jährige.
Innovatives Start-up geht auch im Bergischen
Cover der Wahl-App
Zurzeit stellt Payman Supervizer seine Wahl-App vor und das weltweit – auf Messen, vor Harvard-Professoren in den USA, vor Investoren, vor Bundespolitikern. Die Resonanz? Durchweg positiv, sagt Supervizer. Auch viele Kommunen in NRW - und auch im Bergischen - zeigen großes Interesse an dem Projekt. Die Kontakte zu den bergischen Städten und Gemeinden und inzwischen auch zu weiteren Kommunen in NRW hat die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (RBW) vermittelt. Gegründet haben Payman Supervizer und Maximilian Pieters das Start-up 2019, inzwischen sitzt VoteBase im Rheinisch-Bergischen TechnologieZentrum in Bergisch Gladbach. Slawomir Swaczyna von der RBW hat Payman Supervizer eng begleitet und auch das TZ als Standort für VoteBase empfohlen. Supervizer schätzt die kurzen Wege im TZ und die Unterstützung durch die RBW: „Sicher säße ich mit einem Standort wie Berlin in einer Metropole. Aber das Team und die Betreuung vor Ort macht es ja auch! Der Spaß bei der Arbeit hängt davon ab, mit wem ich im Austausch stehe. Meine Ansprechpartner hier im Haus sind für mich immer erreichbar, aber vor allem passt es menschlich.“
Vom Hacker zum Cybersecurity-Experten
Payman Supervizer schaut zurück auf jahrelange Erfahrung im Cybersecurity-Bereich, studiert hat er aber zuerst einige Semester Medizin, dann gewechselt zu International Management. Das Programmieren hat er sich komplett selbst beigebracht: Begonnen mit 13 Jahren als Hacker, hat sich Supervizer dann immer mehr für Cybersecurity interessiert: „Ich habe gemerkt, irgendwie ist das cool, wenn du mit einer bestimmten Zeichenkombination plötzlich gesamte Datenbanken auslesen kannst.“ Und er ist so gut darin, dass er über die Jahre auch für Geheimdienste arbeitet – infrastrukturelle Konzepte entwickelt und die Strukturen der Geheimdienste testet und auf Sicherheitslücken prüft. Auch ein Start-up zieht Supervizer bereits während des Studiums auf, steigt aber aus und arbeitet erst einmal klassisch in einer Unternehmensberatung in Köln. Bis die Idee für VoteBase entsteht – bei einem entspannten Abend mit Freunden, bei dem plötzlich über Politik diskutiert wird. „Ein Freund meinte, er würde gar nicht mehr wählen. Er würde da ein Kreuz auf einem Blatt Papier machen, gar nicht wissen, ob seine Stimme überhaupt richtig gezählt würde und dann machten die Politiker gefühlt doch nur, was sie wollen. Das hat mich nicht mehr losgelassen“, erklärt Supervizer. Er recherchiert: Über die Hälfte der Deutschen sind unzufrieden mit der Demokratie, ein Problem, das also jeden zweiten Deutschen betrifft, Tendenz steigend: „Für mich war klar, dass man da was tun muss!“ Supervizer geht es dabei nicht nur darum, Wahlen zu digitalisieren, sondern auch eine größtmögliche Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und sie aktiver in Prozesse und Entscheidungen einzubinden. Payman Supervizer nennt ein konkretes Beispiel: „Ein Kölner Politiker äußerte den Gedanken, ob in Köln die Neusser Straße zur Fahrradstraße werden soll. Über Beteiligungsplattformen kann man da abstimmen – aber nicht nur Menschen aus Köln, die es betrifft. Theoretisch können auch Menschen in Ghana oder Uganda abstimmen, was hier in Köln auf der Neusser Straße passieren soll. Gleichzeitig kannst Du das so manipulieren, dass Du unendlich viele Stimmen abgeben kannst – wir haben einen Fünfzeilen-Code geschrieben mit dem man theoretisch 100 Millionen Stimmen abgeben könnte.“ Genau hier setzt VoteBase an: Solche Abstimmungen müssen so sicher und solide gemacht werden, dass es den Charakter eines rechtlichen Grundsatzes mit sich bringt, erklärt Payman Supervizer: „Wenn ich also in Nippes wohne, dann sollte ich auch mitreden können, ob die Neusser Straße zur Fahrradstraße gemacht wird oder nicht. Solche Sachen wollen wir aktiver machen: Über digitale Wahlen oder auch Abstimmungen mit unserer App die Menschen gezielt in die Entscheidungen miteinbeziehen und zwar nur die, die es auch betrifft.“
Sicherheit durch Transparenz
Warum ist die Wahl-App von VoteBase sicher und nicht manipulierbar? Die Sicherheit entsteht durch größtmögliche Transparenz und die wird gewährleistet durch die Blockchain-Technologie, die die App nutzt. Die Blockchain funktioniert ähnlich wie ein dezentrales Register, das auf verschiedenen miteinander vernetzten Endgeräten verteilt ist. Dadurch ist es kaum zu fälschen: „Wenn ich meine Stimme mit unserer Wahl-App abgebe, wird die auf allen Endgeräten anonym hinterlegt – also im Prinzip haben alle Leute meine Stimme auch auf ihrer Liste stehen. Wenn ich also meine Stimme ändern wollen würde, müsste ich alle Endgeräte hacken und die Stimme zeitgleich umändern. Das ist tatsächlich nicht möglich – so bleibt es sicher“, erklärt Supervizer das Prinzip.
Bisher haben sich Politikwissenschaftler oder auch Entwickler mit Wahlen beschäftigt. VoteBase setzt mit seinem Cybersecurity-Background einen ganz anderen Schwerpunkt, denn als Cybersecurity-Experten kennen Payman Supervizer und sein Partner sämtliche Schwachstellen: „Wir setzen ja schon auf Chip-Ebene an. Der Gedanke ist: Schon der Chip in deinem Smartphone kommt aus China und könnte einen Zugriff auf Daten ermöglichen. Wir setzen dafür Verschlüsselungsmechanismen ein.“
Wer digital wählen möchte, lädt sich einmalig die Wahl-App von VoteBase herunter und identifiziert sich mit seinem E-Personalausweis. Dann kann sich der Wähler bei einer Wahl authentifizieren, zu der er wahlberechtigt ist und seine Stimme(n) abgeben. In einer Übersicht kann man prüfen, ob die Stimmen korrekt abgelegt sind, bestätigen - fertig! Nach der Wahl wird auf dem Endgerät des Nutzers ein Prüf-Token berechnet. Das ist eine Buchstaben- und Zahlenkombination, mit der man im Nachgang über ein Portal in der Blockchain prüfen kann, ob die Stimme sauber in der Liste eingegangen ist.“ Die Stimmen sind auf allen Endgeräten, die die App nutzen, hinterlegt, können durch die Transparenz nicht manipuliert werden. Die Idee ist, dass Nutzer über die App auch Informationen bekommen, wenn sie in ihrem Wohnort von einer Abstimmung oder Umfrage betroffen sind.
Was kann die App noch?
Vote Base richtet sich mit seiner Idee klar an Kommunen, Länder und den Bund, um vor allem politische Wahlen zu digitalisieren. Digitale Abstimmungs- und Beteiligungsprozesse können über die App aber ebenso abgebildet werden. Anfragen aus dem privaten Sektor gibt es auch bereits, sagt Supervizer. Er könnte sich zum Beispiel auch vorstellen, die Wahlen und Abstimmungen bei einem Fußballverein wie dem FC Bayern zu digitalisieren: „Die haben weltweit 300.000 Mitglieder und die Satzung sieht vor, dass alle in Bayern erscheinen müssen, um dort ihre Stimme abzugeben. Logistisch ziemlich schwer. Wenn man unsere Lösung integriert, dann könnte man in Südamerika sitzen und für den Verein mit abstimmen“, sagt Supervizer. Ist also der FC Bayern Kunde von VoteBase? „Wir arbeiten daran!“ lacht Payman Supervizer.
Vermitteln kann da vielleicht auch Bayern-Torwart Manuel Neuer: Er ist als Investor bei VoteBase eingestiegen und unterstützt Supervizer und seinen Co-Gründer auch darüber hinaus. „Er sagte direkt: 'Mega! Da bin ich dabei!' Manuel ist ein Teamplayer, auf den man immer zählen kann. Er ist für uns immer erreichbar.“
Die App von Manuel Neuer
Manuel Neuer unterstützt VoteBase nicht nur finanziell als Investor: Er hat seine Fans mit der App über die Farbe seines neuen Trikots abstimmen lassen. Hintergrund ist, dass die Kommunen, denen Supervizer die Wahl-App vorgestellt hat, oft nach einem Test oder Beispiel fragten: „Und wir mussten immer Nein sagen – Ihr wärt die Ersten.“ Dann kam Manuel Neuer mit seiner Idee, über sein Torwart-Trikot abstimmen zu lassen, auch um mehr mit seinen Fans zu interagieren. Nach dem Ok von Adidas hat VoteBase innerhalb von zwei Wochen die App aufgesetzt. „Die Abstimmung haben wir dann über Manuels soziale Medien gepostet - und so konnten die Fans digital über das Trikot für die Saison 23/24 abstimmen.“ Und es hat funktioniert, betont Supervizer: „Und das Backend - also das System hinter der Applikation – für eine Trikotwahl von Manuel Neuer war sicherer, als das System, das Estland für seine politischen Wahlen einsetzt!“
Unterstützer im TechnologieZentrum
Öffentlichkeit schaffen für seine Wahl-App ist Payman Supervizers größtes Anliegen aktuell – und das mit Hilfe von Menschen, die seine Werte und auch Ideale hinter der Idee von VoteBase teilen. Deshalb fühlt er sich auch so eng verbunden mit dem TechnologieZentrum in Bergisch Gladbach und seinen Beratern: „Die Nähe ist mir wichtig! Es ist hier einfach alles super eng geschnürt und ich habe ein Gesicht zum Ansprechpartner. Ich muss nur die Treppe runter laufen und habe mit Herrn Swaczyna von der RBW oder auch Herrn Westermann vom TZ Kontakte, die über unsere Lösungen Bescheid wissen und versuchen, unsere Idee weiter voranzubringen.“ Die RBW hat vor allem für Sichtbarkeit bei den Kommunen gesorgt, Kontakte zu Landespolitikern hergestellt – ist Türöffner und auch Scharnier: RBW-Berater Slawomir Swaczyna hat Payman Supervizer auch dabei unterstützt, zu prüfen, inwiefern die App auch für Abstimmungen oder auch sichere digitale Datenübermittlung genutzt werden kann. Swaczyna war direkt beeindruckt von Supervizer und seinem Arbeitspensum: “Ich frage mich manchmal, wann er eigentlich schläft?“ Ähnlich ging es auch Martin Westermann, Chef des TZ, der Payman Supervizer ebenfalls unterstützt: „Man gibt keine gut dotierte Stelle auf, wenn man nicht davon überzeugt ist, dass man das irgendwann zurückbekommt. Aber am meisten hat mich beeindruckt, was seine Triebfeder ist: Die Demokratie zu stärken, die Wahlbeteiligung zu erhöhen und mit der App auch ganz andere Zielgruppen erreichen zu können.“ Auch das TZ sieht sich als Sparringpartner für VoteBase und seine Gründer: „Wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, dann muss man nicht in eine Millionenmetropole. Wir wollen, dass sich unsere Gründer wohlfühlen und hier bleiben“, sagt Martin Westermann.
Im Oktober gewann VoteBase den "Smart Country Startup Award 2022" von Get Started, der Start-up-Initiative des Digitalverbands Bitkom in der Kategorie GovTech
Die Menschen ins Boot holen – auch in der Politik
Zurzeit finanziert sich VoteBase über Investoren – bald steht die nächste Finanzierungsrunde an, damit das Team von VoteBase wachsen kann. Und wo sieht sich Payman Supervizer und sein Unternehmen in einem Jahr? „Vielleicht haben wir es dann ja schon geschafft, eine Pilotierung für die Landtagswahl in Bayern durchzuführen. Außerdem hoffe ich, dass wir uns auch weiter international ausgestreut haben.“ Die Idee ist, Wahlen erst einmal im Hybrid anzubieten: Also die Wahl-App als Angebot zusätzlich zum üblichen Gang ins Wahllokal oder der Briefwahl. Wichtig ist Supervizer, dass die Menschen die App überhaupt kennenlernen. „Wir sind große Fans von Tests oder auch Umfragen – so kann sich jeder mal die App runterladen und gucken, wie das Ganze funktioniert. Und wenn dann die richtige Wahl ansteht, hast du das Ding schon genutzt.“
Cover Democracy Kids
Aktuell läuft auch ein Test in 100 Schulklassen bundesweit, die mit der App von VoteBase den Umgang mit Demokratie lernen. Sie stimmen über Klassensprecher ab oder Ausflugsziele. Eine Idee, die Supervizer im Austausch mit der RBW entwickelt hat. Auch hier mit dem Ziel, die Bevölkerung mit ins Boot zu holen und die unterschiedlichen Möglichkeiten, die die Wahl-App bietet, bekannt zu machen. Dafür verzichtet Supervizer aktuell gerne auf Schlaf und arbeitet mit seinem Kollegen Nächte durch. „Es ist unser eigener Anspruch, der uns antreibt: Wir wollen die Sache so gut und solide machen, dass sie einen großen Mehrwert hat. Elon Musk hat gesagt, es reicht nicht einfach nur ein Produkt zu haben, das ein bisschen besser ist. Es muss so viel besser sein, dass es sich wirklich lohnt!“ Besteht denn schon ein Kontakt zu Elon Musk? Payman Supervizer lacht: „Wir arbeiten daran!“
Autorin: Nicole Schmitz
Fotos: VoteBase GmbH
Kontakt:
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Web: www.votebase.com