Im Jahr 2011 gründeten drei ambitionierte Tierärzte die Pferdeklinik in Leichlingen. Mit an Bord waren elf Mitarbeiter. Zwölf Jahre später hat sich die Klinik zu einer der modernsten und größten in Deutschland entwickelt, die auch europaweit eine gefragte Adresse ist. Inzwischen arbeiten hier 169 Menschen. Davon sind 24 in diesem Jahr eingestellte Azubis – und 90 Prozent Frauen. Wie kommt es zu einer solchen Erfolgsstory, und was sind die Herausforderungen für Leitung und Personalmanagement?
Ein Ort der Kompetenz
Wer zum ersten Mal hierhin kommt, ist meist überrascht. Die Pferdeklinik ist eine weitläufige Einrichtung und wurde von Anfang an mit einem Fokus auf kurze Wege und eine optimale Ausrichtung konzipiert. Die liebevolle Gestaltung mit Bäumen und Bepflanzung verleiht dem Ort eine angenehme Atmosphäre. Auch wenn die Besitzer aus meist besorgniserregenden Anlässen mit ihren Pferden in die Klinik kommen, ist es das Ziel, dass sich die Besitzer wie auch die Pferde geborgen und bestens aufgehoben fühlen.
In den Gebäuden verbergen sich 100 Boxen für stationäre Patienten, Behandlungsräume der entsprechenden Fachrichtungen, Stallapotheke, OP-Raum, Intensivstation und eine 24 Stunden besetzte Notaufnahme. Mit Hilfe eines klinikeigenen Labors können wichtige Werte sofort gemessen und ausgewertet werden. Ein Team von über 35 Tierärzten ist hoch spezialisiert in den Fachbereichen Orthopädie, Bildgebung, Chirurgie, Innere Medizin und Zahntechnik. Zusammen mit modernster medizinischer und technischer Ausstattung werden umfassende Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten geboten.
Ausbildung als Investition in eine starke Zukunft
Eine bedeutende Rolle neben den Tierärzten nehmen die Tiermedizinischen Fachangestellten (TMFA) ein, die ihnen zur Seite stehen. Ihre Aufgaben umfassen die Betreuung von Tieren, Assistenz bei Behandlungen und Operationen, Labortätigkeiten, Medikamentenvergabe und Beratung von Tierhaltern. „Fertig ausgebildete Tiermedizinische Fachangestellte mit Schwerpunkt in der Pferdemedizin zu finden, ist gar nicht so einfach“, sagt die Personalverantwortliche Maike Breuer. Die Ausbildung sieht keine Spezialisierung vor und kann ebenso in Praxen und Kliniken im Kleintier- oder Pferdebereich absolviert werden. Eine Kolik bei einem Pferd ist aber halt etwas anderes als zum Beispiel eine verstauchte Pfote beim Hund.
„Bereits vom ersten Tag an tauchen unsere Auszubildenen in die verschiedenen Klinikbereiche ein und werden voll mit eingebunden“, sagt Maike Breuer. „Unsere Investition in eine umfassende Ausbildung sichert nicht nur hochqualifizierten Nachwuchs, sondern gewährleistet auch, dass wir den vielfältigen Herausforderungen unserer Pferdeklinik erfolgreich begegnen können", sagt Dr. Guido von Plato, Mitgründer, Geschäftsführer und Tierarzt der Klinik.
„Eine Pferdeklinik ist kein Ponyhof“…
…steht auf der Karriereseite der Klinik. „Die Betreuung von Pferden ist eine anspruchsvolle Verantwortung, die Achtsamkeit und Verständnis für ihre Natur als Fluchttiere erfordert", betont Maike Breuer. Je nach Rasse, Größe und Alter wiegen Pferde in der Regel zwischen 300 kg und über 1.200 kg. Es ist entscheidend, ihr Verhalten zu verstehen und ihre Bedürfnisse angemessen zu berücksichtigen.
Gearbeitet wird teilweise im Schichtdienst und an manchen Tagen und Nächten geht es hoch her. Leben und Tod liegen oft nah beieinander. Tiermedizinische Fachangestellte stehen vor Herausforderungen wie körperlicher Beanspruchung, vielfältigen Aufgaben und emotionaler Belastung bei der Betreuung von Tieren in einer Pferdeklinik. Die Ausbildung fordert auch mal über die eigenen Grenzen hinaus. Jedoch gibt es auch nur wenige Berufe, die Leidenschaft und berufliche Erfüllung so perfekt in sich vereinen.
Das alles braucht ein hohes Maß an Sorgfalt, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein, aber auch an Mut und Geduld, Empathie und Herzenswärme. „Die Führung der Generation Z stellt eine besondere Herausforderung dar, da diese Generation andere Ansprüche an ihren Arbeitsplatz und ihre Karriere hat“, sagt von Plato, dem besonders Teamgeist und die Leidenschaft für Medizin wichtig sind. Als Basis dafür nennt er „eine offene Kommunikation, eine werteorientierte Kultur und das Aufzeigen von Sinnhaftigkeit und Perspektiven“.
Was zählt sind Wissen, Erfahrung und „Machen“
Fachlich wird den Auszubildenden sowie auch den angehenden Tierärzten viel geboten: Hohe Fallzahlen, fundiertes Spezialwissen, hoher Technologie- und Methodenstand. Die Azubis durchlaufen grundsätzlich alle Bereiche, angefangen vom Stalldienst bis hin zur Assistenz bei Operationen. Das Motto: Ausbildung geht jeden an und nur geteiltes Wissen ist hilfreiches Wissen! Ein Ausbildungskatalog unterstützt als Leitfaden für interne Standards und Methoden. Ausbildungsbegleiter und Kollegen stehen den Auszubildenden während der gesamten Ausbildungszeit zur Seite, bieten gezielte Anleitung und regelmäßiges Feedback. „Wir haben eine sehr praxisnahe Ausbildung“, sagt Maike Breuer. Das bedeutet auch, früh Verantwortung zu übernehmen und zu übertragen. "Überfordert werden soll dabei natürlich niemand.“ Wer es sich zutraut, kann schon sehr früh sehr anspruchsvolle Aufgaben übernehmen. Wer etwas zurückhaltender ist, wird langsam herangeführt. „Für den ersten eigenständig durchgeführten Verband wird dann zum Beispiel ein liebes und ruhiges Pferd gewählt“, gibt sie ein Beispiel. "Jeder Einzelne wird entsprechend seiner Fähigkeiten gezielt gefördert."
Führung mit flacher Hierarchie
In einer Klinik geht es um schnelle Reaktionsfähigkeit, aber auch um sorgfältige Abstimmung. Ein scheinbarer Widerspruch, dem die Klinikleitung durch flache Hierarchien begegnet. „Wir haben kein hierarchisches Denken“, sagt Maike Breuer. Zwischen der Klinikleitung und dem Gesamtteam steht die Teamleitung, die in der Regel aus einem Tierarzt und einer TMFA besteht. Wöchentliche Teammeetings und regelmäßiger Austausch mit der Klinikleitung gehören ebenso dazu wie Coaching, kontinuierliches Feedback und ein externes Trainingsmodul. Es geht darum, Führungsqualifikationen zu erwerben und schnelle Kommunikation sicherzustellen. „Unsere effiziente und transparente Organisationsstruktur ermöglicht es uns, die Prozesse zu optimieren und den reibungslosen Ablauf der Klinik sicherzustellen“, sagt von Plato.
Kommunikation ist das A und O
Im Gegensatz zur Humanmedizin kann ein Pferd sich nicht über seine Beschwerden selbst äußern. Daher ist die Bündelung aller vorhandenen Informationen wichtig. Ansprechpartner sind hier längst nicht nur die Besitzer der Pferde, sondern unter anderem auch die überweisenden Haustierärzte, Hufschmiede, Bereiter, Chiropraktiker, Osteopathen und Physiotherapeuten. Eine elektronische Akte und Kommunikation, die bereits vor der Einlieferung beginnt und nach der Entlassung nicht endet, tragen neben den medizinischen und technologischen Möglichkeiten zur hohen Behandlungsqualität bei.
Last but not least: Der Sinn
Bleibt das, was auf Neudeutsch heute „Purpose“ genannt wird und die Frage nach dem inneren Sinn bei der Arbeit beantwortet. „Bei allen von uns geht es um den tief verankerten Wunsch, Pferde bestmöglich zu behandeln und zu versorgen“, sagt von Plato.
Die Dankesbriefe, E-Mails und Fotos, die das Team erhält, werden am Info-Board aufgehängt – Bestätigung der guten Arbeit für alle, und äußerst sinnstiftend. „Wir haben öfter Fälle, bei denen man kaum mehr daran glaubt, dass die Pferde sich erholen und dann nach ihrer Zeit bei uns in der Klinik wieder genesen nach Hause dürfen“, sagt TMFA und Azubi-Betreuerin Luisa Eulitz und erzählt von den Fällen, in denen sie es doch geschafft haben. Das sind Momente, an die das ganze Team gerne zurückdenkt. „Manche Pferde vergisst man nie“, sagt sie und erzählt noch die Geschichte von einem lebensschwachen Fohlen. „Wenn man das nach zwei Wochen bockend über den Hof springen sieht“, sagt sie leise, „da weiß man dann, wofür man es macht.“
Autorin: Karin Grunewald
Fotos: Pferdeklinik Leichlingen
Kontakt:
Pferdeklinik Leichlingen GmbH
Am Further Weiher 1
42799 Leichlingen
Tel: 02174-884-55-0
Web: www.pferdeklinik-leichlingen.de
Mail: info@pferdeklinik-leichlingen.de