Das Ehepaar Deus eröffnet in Wermelskirchen eine Kaffeerösterei
„Wenn wir morgens hier hereinkommen und den Duft des Kaffees riechen, wissen wir, dass wir alles richtig gemacht haben“, sagt Tanja Deus. Der Duft der frisch gerösteten Bohnen entschädigt für Vieles: bürokratische Hürden, persönliche Einschränkungen, kritische Zeitgenossen und jetzt auch noch die Corona-Krise. Die hat Tanja Deus und ihrem Mann Andreas anfangs schon Angst gemacht. Doch bei Kaffee-Teufel wird weiter geröstet. „Durch diese Situation haben wir erhebliche Einbußen“, sagt Andreas Deus. „Aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand.“
Verkauf geht weiter
Nach dem ersten Schock schaltete Kaffee-Teufel auf Corona-Modus. Das Café blieb zwar geschlossen, doch es wurde weiter geröstet und Kaffee verkauft. Verkauft wurde und wird zusätzlich über die Verkaufsstände in Supermärkten und auf Wochenmärkten. „Und wir haben noch mal 25 Säcke bestellt, obwohl wir ein gut gefülltes Lager haben“, sagt Andreas Deus. Man müsse den Direktimporteuren die Stange halten. „Teilweise liegen die Liefertermine im Oktober, aber es ist noch nicht absehbar, ob die überhaupt eingehalten werden können“, so der 53-Jährige. „Denn in den Ursprungsländern herrscht auch Corona mit allem was dazugehört. Es fehlen Erntehelfer, Schiffe dürfen die Häfen nicht verlassen und so weiter.“
Vor fast zwei Jahren begonnen
Kaffee-Teufel eröffnete am 6. Juni 2018 in Wermelskirchen. Eich 20, so die Adresse, liegt weder in der Innenstadt noch gibt es Parkplätze vor der Tür. Behördlichen Auflagen besagen, dass nicht überall geröstet werden darf. „Hier werdet ihr nie Kunden bekommen“, bekam das Ehepaar öfter zu hören. Doch Tanja und Andreas Deus ließen sich nicht beirren. Kaffee-Teufel ist die Umsetzung einer Idee, die sich langsam entwickelt hat und von langer Hand geplant wurde.
Schonende Röstung
Das Sodbrennen von Tanja Deus brachte alles ins Rollen. Kaffee stieß ihr unangenehm auf und so verzichte sie zwei Jahre lang auf ihr Lieblingsgetränk. „Aber mir fehlte einfach der Geschmack, zudem habe ich niedrigen Blutdruck und morgens hilft Kaffee mir einfach auf die Sprünge“, erzählt die 50-Jährige lachend. Sie begann zu recherchieren. „Industriell verarbeiteter Kaffee wird nur kurz bei sehr hohen Temperaturen geröstet“, erklärt sie. „Werden die Bohnen dagegen länger und schonender geröstet, ist er besser verträglicher, weil die im Kaffee enthaltenen Säuren abgebaut werden.“ Tanja Deus begann nicht nur wieder Kaffee zu trinken, sondern probierte auch selber zu rösten, zuerst in Gruppenseminaren, dann im Einzeltraining.
Fair gehandelt
Ihr Mann besuchte einen Barista-Kurs, langsam entwickelte sich die Idee einer eignen Kaffeerösterei. „Wir haben Messen besucht, uns Röster angeschaut und uns informiert, woher die Rohware kommt“, erzählt Andreas Deus. Die Kaffeebohnen von Kaffee-Teufel sind fair gehandelt und werden größtenteils direkt bei den Produzenten eingekauft. „Wir verkaufen Kaffee, so wie wir ihn vertreten können“, sagt Tanja Deus. Und dazu gehört ein guter Kontakt zu den Lieferanten. Dieses Jahr wollte sich das Paar auch einige Plantagen in Südamerika anschauen. „Doch da wird ja jetzt nichts mehr draus“, sagt Tanja Deus bedauernd.
Neuanfang statt Sicherheit
Sowohl Tanja Deus als auch ihr Mann waren Jahrzehnte in ihren kaufmännischen Berufen tätig und fragten sich, ob sie sich noch mal beruflich verändern wollten. „Ich war leitender Vertriebsangestellter und viel unterwegs, sowohl in Deutschland als auch europaweit“, so Andreas Deus. Seine Frau hatte einen guten Job als Industriekauffrau. Doch irgendwann wurde ihnen klar, dass sie ihre finanzielle Sicherheit gegen das Wagnis eines Neuanfangs eintauschen möchten. „Wir haben ein Basis-Konzept erstellt und eine KfW-Förderung angefragt“, erinnert sich Andreas Deus. Den angebotenen Großkredit lehnten sie ab, finanzierten die Gründung schließlich aus eigenen Rücklagen. „Wir starten lieber im Kleinen“, so Tanja Deus. Die Räumlichkeiten wurden in Absprache mit der Stadt und dem Schornsteinfeger gefunden, ein erster kleiner Röster, ein Vorführgerät, angeschafft, die Möbel teilweise gebraucht gekauft.
„Ändert den Namen und ihr bekommt 20 Prozent mehr Kunden“, lautet der Ratschlag einiger Kunden. Das Bergische Land ist traditionell tief in der christlichen Tradition verankert und der Teufel ist hier nicht gut gelitten. Das Ehepaar Deus hat den Namen mit Bedacht gewählt. „Zum einen ist es ein Wortspiel mit unserem Nachnamen“, sagt Tanja Deus. Denn Deus bedeutet im lateinischen „Gott“ aber Kaffee ist nun mal eine sehr menschliche Angelegenheit und wird durch seine schwarze Farbe dem Teufel zugeschrieben. Aber wie hat Papst Clemens VIII (1592 -1605) doch so schön gesagt: „Dieser Teufelstrank ist so köstlich, dass es eine Schande wäre, ihn nur den Ungläubigen zu überlassen!"
Entwicklung stets im Blick
Das Geschäft lief schleppend an. Zuerst ließ die Genehmigung für die Inbetriebnahme des Röstofens sowie die Zollerlaubnis monatelang auf sich warten. „Ich durfte noch nicht mal proberösten“, erinnert sich Tanja Deus. Dann war da die Zurückhaltung der Wermelskirchener. „Wenn ein neuer Laden in Köln aufmacht, sind die Leute neugierig und probieren aus. Hier im Bergischem ticken die Menschen anders“, so die Erfahrung von Tanja Deus, die gebürtige Bergische ist. Aber inzwischen wird das Café als Treffpunkt genutzt und auch der Absatz wächst. „Willkommen in meinem Wohnzimmer“, begrüßte ein Gast seine Freunde, mit denen er sich bei Kaffee-Teufel verabredet hatte. Das war für das Ehepaar das größte Kompliment. Doch dessen ungeachtet haben Tanja und Andreas Deus die Geschäftsentwicklung immer im Blick. „Natürlich war es in den ersten Monaten ein Zusatzgeschäft“, sagt Andreas Deus. Alle drei Monate sitzen sie mit ihrem Steuerberater zusammen. „Wir wollen ein ehrliches Feedback“, so Andreas Deus. „Wir sind auf dem richtigen Weg, aber es geht nur langsam voran.“ Auch deshalb, weil das Paar die überschüssigen Einnahmen immer wieder reinvestiert. „Wir haben angefangen mit zehn Kaffeesorten, inzwischen sind wir bei 21“, so der 53-Jährige. Auch eine größere Röstmaschine wurde zwischenzeitlich angeschafft.
Immer wieder bietet Kaffee-Teufel eine neue Sorte an. Die Zusammensetzung des Bodens und die Anbaumethode geben den Kaffee den Basisgeschmack. Damit die Bohnen ihr volles Aroma entfalten, kommt es auf die richtige Röstung an. „Jede Sorte hat ein eigenes Röstprofil, um den optimalen Geschmack aus den Bohnen herauszuholen“, so Tanja Deus. Bei dem ersten Röstvorgang einer neuen Sorte muss sie alleine sein und will nicht gestört werden. „Ich muss ein ‚Gefühl’ zu den Bohnen aufbauen“, sagt sie schmunzelnd. Nach dem Rösten muss der Kaffee eine Zeitlang ruhen, um sein volles Aroma zu entfalten. Tanja Deus: „Erst dann kann beurteilt werden, ob die Röstung gelungen ist und welche Aromen im Vordergrund stehen. Wenn wir Pech haben, wandert die ganze Röstung in den ‚Schrott’!“
Durchdachtes Marketingkonzept
In den Geschäftsräumen wird zwar geröstet und Kaffee verkauft, doch die wachsenden Absatzzahlen sind vor allem das Resultat eines vielfältigen Marketingkonzepts. So verkaufen inzwischen einige Supermärkte teuflischen Kaffee. „Ich mache klassische Kaltakquise und wir stellen die entsprechende Verkaufsaufsteller zur Verfügung“, sagt Andreas Deus. Auch der Unverpackt-Laden in Bergisch Gladbach hat die gerösteten Bohnen aus Wermelskirchen im Sortiment. Für Tanja Deus eine logische Entwicklung: „Viele kaufen inzwischen umweltbewusster ein. Bei uns im Laden können die Kunden ihren Kaffee in Papiertüten kaufen oder direkt in die mitgebrachte Dose abfüllen lassen.“ Zusätzlich kann Kaffee-Teufel für Hausmessen, Veranstaltungen und Seminare gebucht werden. „Wir haben eine mobile Kaffeebar und letztes Jahr haben wir uns einen Foodanhänger im Retrostyle angeschafft, der gemietet werden kann“, so die 50-Jährige. „Mit dem Anhänger stehen wir auch gerade auf Märkte.“ Und dort kommt ab und zu sogar Alkohol mit ins Spiel. „Bei öffentlichen Festen ist das erlaubt“, sagt Andreas Deus schmunzelnd. Im Sommer sind Cocktails mit Kaffee sehr gefragt, im Winter war die „Glühkirsche“, eine warme Bowle mit Kaffee, Kirschen und Rotwein der Renner.
Mit Herzblut durch die Krise
Durch die Corona-Krise ist der Absatz spürbar zurückgegangen. „Wir sind halt hochpreisiger als andere“, so Tanja Deus. Gestiegen ist dagegen der Umsatz über den Onlineshop. „Wir haben seit Beginn der Krise doppelt so viel online verkauft wie in den gesamten letzten eineinhalb Jahren!“ Die Kunden vermisste das Ehepaar während des Lockdowns am meisten. „Das treibt uns einfach an, dieser menschliche Kontakt und der Austausch mit den Kunden“, so Andreas Deus. Inzwischen sind Laden und Café wieder offen - natürlich mit Einschränkungen. „Trotz Corona bereuen wir nicht, diesen Schritt gemacht zu haben“, sagt Andreas Deus. Er ist zuversichtlich, dass es weiterhin teuflischen Kaffee aus Wermelskirchen geben wird. „Wenn es eng wird, gehe ich halt wieder in meinem alten Job arbeiten. Doch das wäre nur eine Übergangslösung. Unser Herzblut gehört dem Kaffee.“
Autorin: Elke Landschoof
Fotos: Elke Landschoof und Kaffee-Teufel