Start-up: Die aCharger GmbH produziert Ladesäulen und schaut über den Tellerrand in die energetische Zukunft
Ein Nachmittag im April: Die Sonne knallt auf die Solarzellen auf dem Dach der Alfotec GmbH in Wermelskirchen. Die Photovoltaik-Anlage erzeugt mehr Strom, als gerade verbraucht wird, und das Energiemanagementsystem entscheidet, mit diesem die E-Fahrzeugflotte aufzuladen. Am nächsten Morgen ist es bewölkt, als die ersten Mitarbeiter auf den Hof fahren. Ihre noch fast voll geladenen E-Autos schließen sie erneut an die Ladesäule an – doch nun fließt der Strom aus ihnen heraus und gleicht die Unterdeckung im Gebäude aus. Etwas plakativ ausgedrückt: morgens kocht der Tesla Kaffee.
Noch ist der Teil der Rückspeisung ein Zukunftsszenario, doch Alfotec-Geschäftsführer Lukas Hackländer geht die Zukunft nicht schnell genug. Hochgedämmt, Photovoltaik, 65 kWh-Batterie im Keller und Wärmepumpe für 1.000 Quadratmeter: Das Unternehmen, das Fördertechnik herstellt, kann bereits heute auf fossile Brennstoffe verzichten. Doch Hackländer will mehr, nämlich am liebsten so bald – und so weit – wie möglich unabhängig von Stromnetzbetreibern und schwankenden Strompreisen sein. Was ihn fuchst: „Technisch ist das alles schon möglich, es scheitert an Regularien und an langgezogenen Entscheidungen.“
V2H
… steht für Vehicle to Home. Dabei werden E-Autos zum temporären Batteriespeicher, die Strom wieder ins Gebäude einspeisen können. V2H betrifft den Teil „hinter“ dem Zähler, also den Bereich der eigenen Erzeugung und Verteilung von Strom. Ist das öffentliche Netz integriert, spricht man von V2G, Vehicle to Grid. Beide sind Beispiele für Sektorkopplung.
Sektorkopplung
… bezeichnet die Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien in den „Sektoren“ Wärme, Mobilität und Industrie. Dabei geht es nicht nur um die Elektrifizierung der Bereiche Wärme und Verkehr, sondern um die energietechnische und -wirtschaftliche Verknüpfung von Strom, Wärme, Mobilität und industriellen Prozessen sowie deren Infrastrukturen. Sektorkopplung verringert deutlich die CO2-Emissionen, entlastet lokal die Verteilnetze und ermöglicht den direkten Einsatz von erneuerbarer Energie dort, wo sie am (kosten-) effizientesten genutzt werden können.
Dynamisches Lastmanagement
… bezeichnet die gezielte Steuerung des Energiebezugs. Häufig wird der Begriff im Kontext der Elektromobilität genannt und meint dabei die Fähigkeit von Ladestationen, nur dann Strom zu beziehen, wenn die Kapazität im Stromnetz auch dafür ausreicht. Dynamisches Lastmanagement steuert die Lasten gemäß der variablen zur Verfügung stehenden PV-Erzeugung mit eingestellten Schwellwerten und Timern.
Peak Shaving
…, bei dem man Spitzenlasten quasi „abrasiert“ (Englisch „shave“), geschieht entweder durch das Zurücknehmen des Strombedarfs oder indem andere Stromquellen zusätzlich zum Netzstrom einspringen, wie zum Beispiel ein Stromspeicher (auch E-Autos). Dieser wird entweder mit Strom aus der Photovoltaikanalage gespeist oder zu Zeiten schwacher Last aus dem Netz nachgeladen. In Kombination mit einem smarten Lastmanagement stellen intelligente Stromspeicher den zusätzlich benötigten Strom sekundenschnell genau dann zur Verfügung, wenn er gebraucht wird.
Energiemanagementsystem (EnMS)
… wird gut erklärt beim BMWi: „Der Trainer einer Fußballmannschaft hat ein Ziel: Seine Mannschaft soll immer so gut wie möglich spielen. Um das zu erreichen, analysiert er die Stärken und Schwächen jedes Spielers, merzt die Schwächen im Training aus, manchmal nimmt er auch einen Spieler vom Platz und ersetzt ihn durch einen besseren. Kurz: Er sorgt dafür, dass seine Mannschaft effizient und leistungstark aufgestellt ist. Die gleiche Aufgabe erfüllt ein EnMS: Es ermittelt und analysiert den derzeitigen Energieverbrauch, zeigt auf, wo sich Energie einsparen lässt und sorgt im Endeffekt dafür, dass die Energieeffizienz im Unternehmen dauerhaft steigt und nur die Kosten sinken, nicht aber die Leistung.“
Beispiele EnMS, Lastenmanagement, V2H
Bei Versorgung durch Netzbetreiber: Wenn der Verbrauch im Gebäude sinkt, laden die E-Autos schneller und mit höherer Ladeleistung. Dies ermöglicht es den Betreibern, bei maximaler Effizienz innerhalb ihrer Verbrauchsgrenzen zu bleiben und hohe Kosten für das Überschreiten der Netzkapazität zu vermeiden. Darüber hinaus ist es zu bestimmten Tageszeiten günstiger, Energie zu verbrauchen, weshalb das EnMS die verfügbare Kapazität zu Spitzen- und Nebenzeiten optimiert (dynamisches Lastenmanagement), um die Kosten zu senken.
Bei eigener Energieversorgung werden die E-Autos als Batterie eingebunden, um in Zeiten hoher Energieerzeugung Einspeisungen ins öffentliche Netz zu verhindern und die selbsterzeugte Energie bei Unterdeckung im Gebäude wieder umleiten zu können. Das EnMS sorgt so für die optimale Verwendung des eigenen Stroms und verhindert gleichzeitig Lastspitzen beim Netzbetreiber.
Die Energiebilanz der ALFOTEC GmbH 2020
Von den rund 35.000 kWh aus der eigenen PV-Anlage speiste die Alfotec 2020 gute 7.000 kWh als Überschuss ins Anbieternetz ein. „Fast verschenkte Energie“, sagt Hackländer. Damit hätte man etwa 35.000 Kilometer fahren können. Und weil ihn das Thema extrem antreibt, stellt er nicht nur die eigene Firmenflotte nach und nach auf Elektro um, sondern er hat auch ein Start-up gegründet, das Ladesäulen herstellt: die aCharger GmbH. Er selbst ist der strategische Kopf, operativ betreut Jonathan Dehler (Titelfoto) die Kunden im Tagesgeschäft.
Ladesäulen offen für die Zukunft
Anzeigenmotiv der aCharger GmbH
„Ich habe am Markt keine Ladesäulen gefunden, die mir gefallen haben. Daher habe ich sie jetzt selbst gebaut“, sagt der entschlossene Unternehmer.
Die Anforderung: sie muss PV-Überschüsse laden können, bezahlbar sein und am liebsten auch noch gut aussehen. Das witterungsbeständige, robuste Stahlgehäuse der aCharger-Säulen gibt es in frei wählbaren Farben und auch mit Firmenlogo. Aber noch wichtiger als die hohe Wertigkeit und Optik ist Lukas Hackländer das Innenleben.
Details zur Ladesäule der aCharger GmbH
„Wir wollten den offensten Ansatz wählen, den man nur eben wählen kann“, sagt er. „Nicht wie bei den Druckern, bei denen dann die passenden Patronen ein Vermögen kosten.“ Die aCharger-Ladesäule hat daher eine offene Schnittstelle. Das Gerät ist frei programmierbar und jeder Besitzer kann sie in seine individuelle Umgebung integrieren, wenn er beispielsweise ein Energiemanagementsystem hat oder irgendwann haben will. WLAN-fähig ist die Säule auch, aber Hackländer empfiehlt grundsätzlich, einen Internetanschluss direkt mit zu verlegen. Die Ladesäule ist einfach zu bedienen und auch ohne Konfiguration direkt einsatzfähig.
Wenn nicht jetzt, wann dann?
„Ziel ist es nicht, den großen Ladesäulenherstellern Konkurrenz zu machen“, sagt Hackländer. „Wir richten uns an Unternehmen, die sind wie wir.“ Also an jene, die gerade überlegen, ihren kleinen bis mittleren Fuhrpark auf Elektro umzustellen. Wenn nicht jetzt, wann dann, vermittelt er seinen Kunden, denn die Fördermöglichkeiten waren nie zahlreicher: Zuschüsse, Wegfall der KFZ-Steuer, Mittel von Land und KfW, auch im Zusammenhang mit der Haustechnik, die sowieso mal erneuert werden müsste.
- Bis zu 9.000 € Ersparnis bei der Anschaffung von vollelektrischen Fahrzeugen und bis 6.750 € bei Plug-In-Hybriden durch den „Umweltbonus“
- Der Ladestrom beim Arbeitgeber ist bis 2030 steuerfrei
- KFZ-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis Ende 2030, danach 50 %
- Dienstwagen unter 40.000 € werden mit 0,25 % (vollelektrisch) und 0,50 % (Plug-In Hybrid) versteuert
- Weniger oder gar keine Kosten für Verbrennungskraftstoffe, da die tägliche Pendelstrecke zur Arbeit auch bei Plug-In-Hybriden meist durch die elektrische Reichweite abgedeckt werden kann
- Geringere Betriebs- und Wartungskosten für Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Verbrennern
- Bessere Ausnutzung des selbsterzeugten Stroms aus der Photovoltaikanlage
- Nutzung von Sonderrechten wie Fahrspuren, Parkplätzen etc.
- Möglichkeiten für Sonderabschreibungen bei leichten Nutzfahrzeugen
- Bereitstellung von Kundenparkplätzen mit Lademöglichkeit
Quelle: Website aCharger GmbH
Auf der gleichen Seite finden Sie Informationen über benötigte Ladeleistung und einen Rechner, um den eigenen Bedarf einzuschätzen.
Obwohl die aCharger erst im Februar gegründet wurde, ist die Nachfrage bereits hoch, besonders nach Beratung. „Am Telefon kommen mit jeder Antwort drei neue Fragen“, sagt er. „Es besteht ein unfassbar hoher Aufklärungsbedarf.“ Die aCharger bedient diesen mit Blogbeiträgen und vor Ort bei Projektierungen.
Produkt nur Teil einer Zukunftsvision
Lukas Hackländer geht es bei der Beratung um weit mehr als Ladesäulen. Er brennt für seine Sache und Interessierte erhalten zum Produkt auch gleich noch die Vision dazu, dass Ökologie und Ökonomie nicht im Widerspruch stehen.
Die Ladesäulen sind für ihn nur ein Baustein im Gesamtkonzept. „Wir verkaufen keine PV-Anlagen, aber wir fragen: Haben Sie darüber nachgedacht?“, sagt er. Sein Wunsch ist es, aufzuzeigen, wie das energetische Zusammenspiel sein kann, damit es am Ende nicht nur umweltschonend, sondern auch mit positiver Rendite ausgeht. Er will diejenigen abholen, „die bereit sind, offen in die Zukunft zu schauen, und die daran glauben, dass sie am Ende Kosten sparen und Entwicklungspotenziale generieren.“
Warum Zähler sich rückwärts drehen müssen
Die Zielgruppe „Unternehmen, die sind wie wir“ sind höchst interessiert an den Erfahrungen, die der Geschäftsführer bereits selbst gemacht hat. Lukas Hackländer zeigt, was geht, und erzählt, was noch nicht geht, nämlich die E-Flotte mit anderen Sektoren zu koppeln. Zunächst einmal liegt das am Gesetzgeber und dem Hauszähler. „Die Zähler müssten sich rückwärts drehen – und das können die alten Zähler nicht“, erklärt er. Ein Smartmeter zählt hingegen in zwei Richtungen. Für dieses sogenannte bidirektionale Laden sind die meisten E-Autos und auch die Ladesäule von aCharger bereits vorgerüstet. Die Software ist jedoch noch gesperrt.
„Gute Innovationen muss man auch zulassen“
„Der Energieanbieter möchte Bezug und Einspeisen ins öffentliche Netz steuern und getrennt abrechnen können“, sagt er. Der genannte Grund dafür ist, Lastspitzen zu vermeiden, die die Netzkapazität zu stark fordern. „Eine rein formale Geschichte, in der nicht entschieden wird“, beklagt Hackländer, und ergänzt: „Wenn ich das Netz gar nicht belaste, weil ich meinen Verbrauch durch eigene Stromerzeugung oder V2H erhöhe, sollte das dem Netzbetreiber nur recht sein.“ Zukünftig könne dieser Vorgang auch entsprechend monetarisiert werden, dann hätten alle Beteiligten etwas davon.
Manchmal wünscht er sich die Bedingungen des Silicon Valley: viel weniger Regulierung, viel mehr Wagniskapital. „Wir können das hier auch, aber wir dürfen es nicht“, sagt er. Die aCharger GmbH ist komplett mit Eigenkapital finanziert. „So können wir einen Warmstart hinlegen und mit grünen Zahlen starten“, sagt er, „denn wenn die Bank Angst vor fehlender Rendite hat, ist die Idee schnell vorbei. Innovatives Vorantreiben ist uns wichtiger.“
Immer wieder appelliert Lukas Hackländer an ein neues Mindset: „Vieles scheitert, weil es als zu großes Wagnis wahrgenommen wird. Wir müssen über den Tellerrand schauen und die Zukunft einbeziehen. Wir müssen Weitblick haben.“ Der Rest ist sukzessive Vorbereitung – und konstruktive Ungeduld. Bis zum Durchbruch muss der Strom für den Morgenkaffee nach wie vor von außen kommen.
Autorin: Karin Grunewald
Fotos: aCharger GmbH
Kontakt:
aCharger GmbH
Albert-Einstein-Strasse 13
42929 Wermelskirchen
Tel: 02196 887669 – 117
Web: www.acharger.de
Mail: info@63ae6e7571084973a012ca493af0450facharger.de