Die junge Agentur Die Kanzlei-Entwickler aus Bergisch Gladbach macht Steuerberater digital fit für die Zukunft und denkt so die Steuerbranche neu - so schrumpfen die Akten-Berge.
Die Kanzlei-Entwickler sagen den Akten-Bergen den
Kampf an!
Das Jahr neigt sich dem Ende – jetzt machen sich wieder besonders viele Ordner und Akten auf Reisen zu diversen Steuerberatern im Bergischen. Ungefähr 80 Prozent der Unternehmen im Bergischen bekommen ihre Telefon-Rechnung per Mail. Sie drucken sie aus, nehmen sie und bringen sie zum Steuerberater. Der nimmt die Rechnung, scannt sie ein oder tippt die Zahlen ab und überträgt sie so ins System, um sie zu verbuchen. „Wenn ich jetzt daran denke, dass ich diese E-Mail einfach per Mausklick an meinen Steuerberater weiterleiten kann, das Programm dort die Rechnung empfängt, alle Rechnungsdaten automatisch ausliest, daraus einen Zahlungsvorschlag und Buchungssatz macht – dann könnte man so viel Zeit und Kosten sparen!“ Das sagt Stefan Homberg, er ist Chef der Agentur Die Kanzlei-Entwickler in Bergisch Gladbach. Homberg und sein dreiköpfiges Team haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Leben von Steuerberater-Kanzleien und deren Mandanten einfacher zu machen. „Es steckt ein Helfersyndrom in uns“, lacht der Steuer-Experte. Die Agentur berät Kanzleien rund um das Thema Digitalisierung: „Es ist ein großer Teil auch Prozessberatung. Wir schauen in den Kanzleien, wie bisher gearbeitet wird und wie wir mit Hilfe von Digitalisierung Prozesse vereinfachen.“ Und dabei stehen sämtliche Bereiche und Abläufe auf dem Prüfstand – Lohn, Buchhaltung, auch interne Prozesse, wie die Kommunikation mit den Mitarbeitern. „Wir wollen die Dinge besser machen und am Ende eine Lösung präsentieren. Das ist auch das, was unser Team auszeichnet“, sagt Homberg.
„Wir wissen, wovon wir sprechen“
Sein Team – das sind drei Mitarbeiter, die alle wie Homberg selbst „von der Pike auf aus der Steuerbranche kommen“. Die Agentur arbeitet praxisorientiert, alle Mitarbeiter sind Experten in ihrem Bereich: „Wenn wir uns in Kanzleien vorstellen, sagen wir oft: Wir wissen alle, wie nervig eine Metro-Rechnung zu verbuchen ist – dann ist den Leuten direkt klar, dass wir wirklich wissen, wovon wir reden. Unübersichtliche Rechnungen, verschiedene Sachkonten, unterschiedliche Steuersätze - die Metro-Rechnungen sind für jeden Steuerfachangestellten das größte Übel“, weiß der Agentur-Chef, der seine Karriere ebenfalls mit einer Ausbildung zum Steuerfachangestellten begonnen hat. Danach hat er in sämtlichen Bereichen der Steuerbranche gearbeitet: „Wenn ich einen neuen Job angefangen habe, sind mir immer direkt Dinge aufgefallen, die man verbessern müsste. Ich bin immer auf der Suche nach Innovation und Vereinfachung. Deshalb dachte ich: Du hast das Fachwissen der Steuerberatungsbranche, mach' denen doch den Alltag leichter.“
Die Kanzlei-Entwickler beraten auch umfassend zum Thema Datenschutz und zu rechtlichen Fragen. Grundsätzlich gibt es keine Verträge und Abschlussunterlagen, die nicht digital verschickt werde dürfen. Es gibt aber die Möglichkeit, E-Mails verschlüsselt zu verschicken. Die meisten Kanzleien lassen sich aber mit einer Unterschrift des Mandanten frei zeichnen, dass sie unverschlüsselt digital kommunizieren dürfen, sagt Stefan Homberg. Ausnahme sind Lohndaten: Werden Lohndaten von Mitarbeitern unverschlüsselt übermittelt, muss der Mitarbeiter dafür seine Zustimmung geben. Die digitalen Steuerberater haben inzwischen auch Systeme, in denen man frei zeichnen und die Daten direkt revisionssicher archivieren kann.
Viele Steuerkanzleien sind noch nicht digital
Gründer Stefan Homberg
Im August 2018 hat Stefan Homberg Die Kanzlei-Entwickler gegründet. Und der Markt ist riesig: Laut Homberg ist bisher nur ein Bruchteil der Steuerkanzleien digital aufgestellt, gleichzeitig wird aber auch die Finanzverwaltungsseite langsam aber sicher immer digitaler. „Wir sehen uns da als Sparrings-Partner, der mit den Mitarbeitern auch als Teammaßnahme Veränderungen voran bringt. Steuerberater haben gerade jetzt in Corona-Zeiten ganz andere Dinge zu tun, als sich über Digitalisierung Gedanken zu machen – und da kommen wir dann ins Spiel“, sagt der Agentur-Chef.
Auch die Steuerberater im Bergischen stehen durch die Corona-Pandemie vor zusätzlichen Aufgaben. Die Berater sind mit Hilfsanträgen der Unternehmen und dem Kurzarbeitergeld beschäftigt. Außerdem stehen auch die Steuerberater vor der Herausforderung, die eigene Kanzlei trotz Quarantäneausfälle am Laufen zu halten. Die aktuelle Situation sorgt aber gleichzeitig dafür, dass sich viele Berater verändern und flexibler werden möchten - viele suchen gerade jetzt nach kurzfristigen Lösungen mithilfe der Kanzlei-Entwickler.
Gerade was die Schulung der Mitarbeiter in den Kanzleien angeht, ist bei den Kanzlei-Entwicklern Empathie gefragt. Es gilt, Gewohnheiten zu durchbrechen und die Mitarbeiter an die Hand zu nehmen: „Praktisch ist es eigentlich kein Unterschied, ob der Papierbeleg auf dem Tisch liegt oder ob ich einen zweiten Monitor habe, auf dem der Beleg digital erscheint. Das ist nur eine Umstellung im Kopf“, sagt Homberg. Diese Umstellung braucht aber manchmal Zeit. Homberg erinnert sich an eine Kanzlei, in der alle Arbeitsplätze mit einem zusätzlichen Bildschirm aufgerüstet wurden, um die verschiedenen Programme öffnen zu können. Eine Mitarbeiterin hat aber über Wochen morgens den zweiten Bildschirm nicht angemacht, weil sie Angst davor hatte – die Angst vor dem Unbekannten: „Ich habe dem Chef geraten, er soll der Mitarbeiterin einfach morgens selbst den Rechner anmachen. Irgendwann wollte sie ihren zweiten Monitor gar nicht mehr hergeben, weil sie gemerkt hat, dass er ihr das Arbeiten leichter macht. Man merkt, dass Respekt vor Neuem da ist, aber die Leute lassen sich dann doch darauf ein“, freut sich Homberg. Förderprogramme unterstützen die Umstrukturierungen, es gibt auch hohe Förderung für Hardware-Neuanschaffungen, sagt Homberg: „Wir haben mit Hilfe von Bildungschecks, Mitarbeiter bei Unternehmen auf den heutigen Stand der Möglichkeiten gebracht. Die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft hat uns da sehr gut beraten und geholfen.“
Bildungschecks unterstützen die Unternehmen dabei, sich digital aufstellen zu können. „Wir haben Bildungschecks auch schon bei einzelnen Kunden beantragt – ich war überrascht, wie unkompliziert das war“, sagt Stefan Homberg. Die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft berät rund um das Thema. Lesen Sie mehr dazu auf der Infoseite der RBW zu den Fördermitteln .
Kanzlei-Entwickler beraten auch Mandanten und Unternehmen
Zu der ganzheitlichen Betreuung gehört ebenfalls, dass die Kanzlei-Entwickler auch bei den Mandanten der Kanzleien die Strukturen unter die Lupe nehmen und schauen, welche Schritte nötig sind, um die Systeme zu vereinfachen. Ab und an kommen aber auch Unternehmen direkt auf die Kanzlei-Entwickler zu: „Ein Kunde hat in der Coronakrise durch seinen Onlineshop extremst profitiert. Er ist in der Heimwerkerbranche tätig, die seit Corona boomt. Er hatte dann plötzlich statt 50 Rechnungen im Monat, die er immer im Ordner zum Steuerberater gebracht hat, 2.500 Rechnungen. Es mussten dann von April bis Juli 10.000 Rechnungen zum Berater. Jetzt wollen Sie doch keinen Menschen dahin setzen, der 10.000 Rechnungen in ein Computersystem tippt?“ Das Unternehmen hat die Kanzlei-Entwickler um Hilfe gebeten. Die Agentur hat dann eine Schnittstelle eingerichtet und per Knopfdruck konnte der Datensatz zum Steuerberater geschickt werden. „Der sagt dann per Rechtsklick 'Einspielen' und schon sind alle Rechnungen verbucht“, freut sich Stefan Homberg.
Kritik, die Digitalisierung würde Mitarbeiter wegrationalisieren, weist Homberg von sich: „Es sind Routineaufgaben, die vereinfacht werden. Dadurch ist jetzt Zeit da für wichtige betriebswirtschaftliche Beratung, die einen Mehrwert für den Mandanten bringt. Der Steuerfachangestellte tippt eben nicht mehr Rechnungen in ein System ein, sondern kontrolliert eher, ob alles richtig ist.“ Sollte einem Mitarbeiter der direkte Kundenkontakt nicht liegen, gibt es immer auch vorbereitende Tätigkeiten, die er übernehmen kann. Jeder kann alles, wenn er nur will, sagt Homberg: „Wir müssen einfach lernen, dass sich unsere Werkzeuge ändern.“
Einschränkungen durch Corona
Durch die Corona-Pandemie sind die Kanzlei-Entwickler aktuell noch gefragter als ohnehin schon. Es gibt aber auch Schattenseiten: Im Januar haben Homberg und sein Team die Steuerberater Expo – die größte Steuerberatermesse Deutschlands – in Köln auf die Beine gestellt. „Der bisher größte Erfolg in der jungen Firmenhistorie mit 70 Ausstellern und 1.000 Besuchern“, sagt Stefan Homberg stolz. Im September sollte es eine Wiederholung in München mit geplanten 3.000 Besuchern geben, kommenden Januar sollte die dritte Messe wieder in Köln stattfinden – wegen Corona alles abgesagt. Homberg hofft jetzt, dass die STB Expo im Sommer kommenden Jahres wieder an den Start gehen kann: „Die Steuerberaterszene beginnt immer mehr, sich zu vernetzen. Es geht darum, gemeinsam besser zu werden.“ Und auch immer mehr Unternehmen im Bergischen denken um: „Wir erleben es ganz oft bei digitalen Kanzleien, dass neue Unternehmen anklopfen und sagen, mein alter Steuerberater will nicht digital arbeiten und dann wechseln“, sagt Homberg. Letztendlich wollen beide Seiten zukunftssicher aufgestellt sein.
70 Aussteller und 1.000 Besucher – die Steuerberatermesse in Köln war für das Team der Kanzlei-Entwickler der bisher größte Erfolg, den die Agentur komplett allein auf die Beine gestellt hat. Die Idee dahinter: Die Kunden sollen ihren Horizont erweitern können und sich nicht nur in der DATEV-Welt bewegen, sondern auch Lösungen direkt am Markt finden. Außerdem geht es natürlich um Vernetzung innerhalb der Branche, besonders einer jüngeren Generation an Steuerberatern ist das sehr wichtig. „Als wir das vom Schreibtisch aus geplant haben, war uns gar nicht bewusst, wie groß das wird. Wie erfolgreich die Messe ist, haben wir erst gemerkt als wir die 4.000 Quadratmeter große Halle betreten haben“, sagt Homberg stolz. Wegen Corona liegt die Messe aktuell auf Eis. Die nächste Steuerberater-Expo ist aber im Juli in Köln geplant.
Noch mehr Service für den Kunden
Das Team der Kanzlei-Entwickler hat noch viele Ideen
und will weiter wachsen.
Für die Kanzlei-Entwickler ist es nur der logische nächste Schritt, dass sie auch ihr Online-Angebot weiter ausbauen. „Trotz Corona nicht den Kopf in den Sand stecken: Wir bieten eine virtuelle 3D Messe an, um den Steuerberatern nochmal ein höheres Level der Digitalisierung zu zeigen“, so Stefan Homberg. Das Team der Kanzlei-Entwickler arbeitet damit weiter daran, dass teamspezifische 'Helfersyndrom' zu befriedigen: „Ich muss, wenn ich abends nach Hause gehe, das Gefühl haben, ich habe Menschen geholfen“, sagt Homberg. Die Akten-Berge im Bergischen werden in den nächsten Jahren definitiv schrumpfen!
Die Kanzlei-Entwickler wollen gesund wachsen: „Vor allem sollen sich meine Mitarbeiter mit unseren Werten identifizieren“, das ist Stefan Homberg besonders wichtig. Homberg hat sich bei der Fachkräftemarketing-Kampagne 'Kluge Köpfe arbeiten hier' der Fachkräfteinitiative im Rheinisch-Bergischen Kreis engagiert. Eine interessante Initiative für die Kanzlei-Entwickler: „Für gute Jobs muss man nicht immer in die Großstadt, es tummeln sich viele interessante Arbeitgeber im Rheinisch-Bergischen Kreis!“
Kontakt:
Die Kanzlei Entwickler GmbH
Laurentiusstraße 44-46
51465 Bergisch Gladbach
Telefon: 02202 / 93655-511
E-Mail: homberg@573c1997fbd44455924852a44e0f03d9kanzlei-entwickler.de
Web: www.kanzleientwickler.com
Autorin: Nicole Schmitz
Fotos: Die Kanzlei-Entwickler